Aufgrund von Medienberichten, wonach die deutsche Bundesregierung zögert, das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der EU und Kanada in seiner aktuellen Form zu unterzeichnen, fordert die Sozialdemokratische Fraktion weitere Anstrengungen für den Abschluss dieses Abkommens, ruft aber die EU-Kommission auf, die Herausnahme der Klausel über den Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) aus dem endgültigen Text ernsthaft in Betracht zu ziehen. Die Aufnahme dieser Klausel scheint für die deutsche Regierung der umstrittenste Punkt im CETA-Text zu sein.

Seit 2009 verhandeln die EU und Kanada über dieses Abkommen. Es umfasst verschiedene Sektoren von Landwirtschaft und Gütern über Dienstleistungen und geistige Eigentumsrechte bis hin zum öffentlichen Beschaffungswesen und zur nachhaltigen Entwicklung.

Der Text wird in dieser Woche zur Begutachtung an die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten geschickt.

In einem Kommentar zu den jüngsten Entwicklungen sagte der Außenhandelssprecher der S&D Fraktion David Martin:

„Die EU-Mitgliedsstaaten sind dabei, das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada zu paraphieren. CETA wäre ein positives Abkommen, das Möglichkeiten für Wachstum und Beschäftigung auf beiden Seiten des Atlantiks bringen würde.

Es beinhaltet jedoch auch eine umstrittene Klausel, die es multinationalen Konzernen ermöglicht, internationale Schiedsverfahren gegen Regierungen anzustrengen: den sogenannten Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus ISDS. Unsere Fraktion war stets gegen die Aufnahme dieser Klausel, und wir haben unsere Ablehnung in einem Brief an EU-Kommissar De Gucht zum Ausdruck gebracht.

Es ist eine gute, wenn auch wenig überraschende Nachricht, dass die deutsche Regierung zögert, das Abkommen voranzutreiben, wenn es die Klausel zum Investor-Staat-Schiedsverfahren enthält.

Bestehende ISDS-Fälle, die an die Öffentlichkeit gekommen sind, haben gezeigt, wieviel Macht Konzerne im Namen des Profits ausgeübt haben. Es ist Zeit, dass die EU dem Beispiel Australiens folgt und ISDS fallenlässt.“

Martin stellte CETA sodann in den größeren Kontext der TTIP-Verhandlungen:

„Das Handelsabkommen EU-Kanada wäre ein wichtiger Präzedenzfall für das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen TTIP, über das derzeit zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten verhandelt wird.

Die Europäische Kommission hat eine öffentliche Konsultation der Zivilgesellschaft über ISDS im TTIP durchgeführt, auf die mehr als 100.000 Antworten eingegangen sind. Wir bedauern, dass es für CETA kein derartiges Konsultationsverfahren gegeben hat, und dass ein Abkommen mit einer identischen Klausel ohne weitere Bewertung durch die Öffentlichkeit unterzeichnet werden soll.

Das CETA ist schon zu lange verzögert worden. Ein Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada kann große wirtschaftliche Vorteile bringen, und es sollte nicht um einer unnötigen Investitionsklausel willen gefährdet werden.“ 

Der sozialdemokratische Vorsitzende des Ausschusses für internationalen Handel, Bernd Lange, sagte abschließend:

„Die Kommission wäre gut beraten, auf die Bedenken des Europäischen Parlaments zu hören und sie zu berücksichtigen. Schlussendlich wird das Parlament als demokratisches Gewissen der EU-Handelspolitik darüber entscheiden, ob es CETA ratifiziert oder nicht.“

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