Der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments hat heute europäische Bürgerinnen und Bürger angehört, deren tägliches Leben und Lebensgrundlage durch die US-Steuergesetzgebung stark beeinträchtigt sind. Das amerikanische Steuergesetz ‚Foreign Account Tax Compliance Act‘ (FATCA) sollte ursprünglich die Steuerflucht von Steuerzahlern verhindern, die in den USA ansässig sind. In der Praxis hat das US-Gesetz zahlreiche europäische Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigt. Die Petitionssteller vertreten EU-Bürger, die Sorgen über die nachteiligen Auswirkungen des US-Gesetzes auf diese sogenannten ‚Zufallsamerikaner’, die sowohl Staatsbürger der USA als auch eines EU-Mitgliedsstaats sind, und auf ihre Familienangehörigen, die nicht US-Bürger sind, zum Ausdruck bringen.

In der Europäischen Union gibt es rund 400.000 ‚Zufallsamerikaner’, die auf US-amerikanischem Boden geboren wurden, aber in den USA weder gearbeitet oder studiert noch als Steuerzahler gelebt haben. Ihr Zugang zu wichtigen Finanzdienstleistungen wie Lebensversicherungen, Hypotheken oder Pensionen ist eingeschränkt, und persönliche Daten ihrer Familienangehörigen werden mit den US-Steuerbehörden geteilt. Die heute diskutierte Petition äußert insbesondere Bedenken über die extraterritoriale Anwendung von US-Gesetzen in der EU.

Durch die Diskussion über die Petition im Europäischen Parlament sendet die Sozialdemokratische Fraktion eine Warnung aus, dass die Zeit knapp wird. In nur wenigen Wochen könnten die ungelösten Probleme Tausender europäischer Bürgerinnen und Bürger deren Rechte bedrohen.

Die Koordinatorin der S&D Fraktion im Petitionsausschuss, Jude Kirton-Darling, sagte dazu:

„Heute haben die sozialdemokratischen Europaabgeordneten die ungerechtfertigte Beeinträchtigung und den Eingriff in das tägliche Leben der Menschen gehört, die aus dem US-amerikanischen Foreign Account Tax Compliance Act resultieren. Mit dem Einfrieren von Bankkonten und der Einschränkung des Zugangs zu Lebensversicherungen, Pensionen oder Hypotheken sehen sich allzu viele EU-Bürger auf Grund dieses ungerechten US-Gesetzes mit Hindernissen für ein normales Leben konfrontiert.

Wir sind zwar mit dem ursprünglichen Zweck dieses Gesetzes einverstanden, das die Steuerflucht bekämpfen sollte. Jetzt ist es aber offensichtlich, dass diese Bestimmungen sehr unverhältnismäßig sind und das wichtige Konzept des gesunden Menschenverstands vermissen lassen. Derzeit gibt es einen starken Druck auf Banken in der EU, vor Ende dieses Jahres dieses US-Gesetz zu erfüllen; ansonsten müssen sie mit einer saftigen finanziellen Strafe rechnen. Das bedeutet, dass 2020 eine erhebliche Zahl von europäischen Bürgerinnen und Bürgern von einem Tag auf den anderen mit einem geschlossenen Bankkonto aufwachen könnten.

Die Sozialdemokratische Fraktion teilt die ernste Sorge, dass dieses US-Gesetz europäische Grundrechte wie den Datenschutz und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. In diesem Fall drohen die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung, die die europäischen Bürgerinnen und Bürger beschützen sollen, außer Acht gelassen zu werden. Die EU-Kommission muss den Schutz ihrer Bürger voranstellen. Wir haben zugehört. Jetzt ist es Zeit, zu handeln.“

Hinweis für die Redaktion

Seit Inkrafttreten des US-amerikanischen Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) und den damit verbundenen zwischenstaatlichen Vereinbarungen zwischen Mitgliedsstaaten und den USA sind die EU-Finanzinstitutionen unter Androhung einer Quellensteuer in Höhe von 30% verpflichtet, detaillierte Informationen über Konten von mutmaßlichen ‚US-Personen’ an die US-amerikanische Steuerbehörde preiszugeben. Die Finanzinstitute haben bis Ende 2019 Zeit, um FATCA zu erfüllen.

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