Terrorismus: Neue EU-Sicherheitsagenda wird den Erwartungen nicht gerecht

„Die neue Strategie der EU-Kommission zur Terrorismusbekämpfung ist ein Schritt nach vorne, aber sie geht nicht tief genug, um die grundlegenden Ursachen des Terrorismus anzugehen und eine umfassende Sicherheitsagenda zu liefern“, sagten führende Mitglieder der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament heute in Straßburg, wo die Europäische Kommission eine neue EU-Sicherheitsagenda vorgestellt hat.

In der vergangenen Woche veröffentlichte die Sozialdemokratische Fraktion in Brüssel ihre eigene Antiterror-Strategie – eine Reihe von Vorschlägen, die von der Frage der ausländischen Kämpfer und der Deradikalisierung in Gefängnissen über Fluggastdatensätze (PNR) bis zur Internetsicherheit reichte (siehe: Bericht der Arbeitsgruppe der S&D Fraktion zur Terrorismusbekämpfung).

Die stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion und Ko-Vorsitzende der Arbeitsgruppe zur Terrorismusbekämpfung, Tanja Fajon, sagte dazu:

„Einige der Vorschläge der EU-Kommission stimmen mit jenen in unserer Strategie überein, aber insgesamt gehen sie nicht weit genug und sind nicht innovativ. Die Kommission lobt mehrere bestehende Maßnahmen und die Idee, dass wir sie vollständig umsetzen müssen. Gleichzeitig befürwortet sie die Einführung von PNR, einen überarbeiteten Vorschlag zu Smart Borders und die Herstellung einer starken Verbindung zur Europäischen Migrationsagenda. Aus diesem Blickwinkel betrachtet befürchten wir eindeutig, dass Sicherheitsmaßnahmen schlussendlich Vorrang vor den Grundrechten erhalten werden.

Außerdem haben wir uns eine stärkere Betonung der gesellschaftlichen Herausforderungen erwartet, beispielsweise Deradikalisierung, Rehabilitation in Haftanstalten, elterliche Genehmigung für Minderjährige und Entwicklungshilfe für Drittländer. Die Strategie der Kommission erwähnt nicht einmal die Notwendigkeit, religiöse Toleranz oder spezifische Projekte zu fördern, um mit Jugendlichen umzugehen, die von ISIS enttäuscht sind und zurückkehren.“

Der stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion und Ko-Vorsitzende der Arbeitsgruppe zur Terrorismusbekämpfung, Knut Fleckenstein, brachte die Enttäuschung seiner Fraktion zum Ausdruck und sagte:

„Das Strategiepapier der Kommission konzentriert sich fast ausschließlich auf die interne Dimension der Sicherheit. Es geht zu wenig auf die Notwendigkeit stärkerer internationaler Anstrengungen ein, um die Fehler der vergangenen militärischen Interventionen zu vermeiden. Der Kampf gegen den Terrorismus kann nur auf internationaler Ebene vorangetrieben werden, über unsere üblichen westlichen Verbündeten hinaus – insbesondere in jenen Regionen, aus denen die Terrorgruppen herstammen oder wo Terroristen ausgebildet werden.

Wir müssen auch jene Staats- und Regierungschefs in die Pflicht nehmen, die unsere Werte nicht teilen und fördern. Dieser Dialog darf sich aber nicht nur auf die Terrorismusbekämpfung konzentrieren, sondern muss immer Hand in Hand mit einem Dialog über Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gehen.

Kurzfristige Vorteile durch eine Zusammenarbeit mit diktatorischen Regimes sind kontraproduktiv. Man könnte der EU eine Zusammenarbeit mit Diktatoren vorwerfen. Das könnte als ein mächtiges Anwerbungsinstrument für die Extremisten in den islamischen Ländern und in Europa dienen.

Der heute präsentierten Strategie zufolge wird die Kommission auch die Notwendigkeit und die möglichen Vorteile zusätzlicher Maßnahmen im Bereich der Terrorismusfinanzierung untersuchen. Diese Verpflichtung ist zu verschwommen. Wir müssen entschlossener sein, wenn es darum geht, Terrororganisationen die finanzielle Unterstützung und die Versorgung mit Waffen abzuschneiden. Dabei müssen wir Länder wie Saudi-Arabien und Katar in die Pflicht nehmen, von wo finanzielle Unterstützung für terroristische Gruppierungen wissentlich herkommt, aber auch den Verkauf von Waffen durch einige EU-Länder ansprechen.“