Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament forderte heute die Umsetzung einer starken europäischen Säule der sozialen Rechte, um auf die neuen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu reagieren und die sozialen Ungleichheiten zu verringern. Die von der Vizevorsitzenden der S&D Fraktion, Maria João Rodrigues, dargelegten Vorschlägeerhielten große Unterstützung von den Teilnehmern einer Konferenz in Brüssel mit dem Titel ‚Die Säule der sozialen Rechte – das soziale Herzstück Europas gestalten‘.

Die Vizevorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion und Berichterstatterin des Europäischen Parlaments, Maria João Rodrigues, hob hervor:

„Die EU muss ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik ändern. Europas Bürgerinnen und Bürger wollen die Kontrolle über ihr Leben haben und sicher sein, dass die Märkte für das Wohlergehen der Menschen arbeiten. 

Die Sozialdemokraten kämpfen für hochwertige Arbeitsplätze, soziale Gerechtigkeit, eine faire Verteilung des Reichtums, ein hochwertiges öffentliches Bildungssystem, die Gleichstellung der Geschlechter, nachhaltiges Wachstum und einen guten Sozialschutz. Wir wollen eine gute Zukunft für alle. Die Verringerung der massiven gesellschaftlichen Ungleichheiten ist unsere höchste Priorität. Neue, sogenannte atypische Arbeitsverhältnisse schaffen einige neue Möglichkeiten, bergen aber auch eine große Gefahr der wirtschaftlichen Unsicherheit.

Die EU-Kommission hat für 2017 eine ‚Europäische Säule sozialer Rechte‘ als Antwort auf Europas gesellschaftliche Probleme versprochen. Die Sozialdemokraten kämpfen im Europäischen Parlament an vorderster Front, um dafür zu sorgen, dass dies eine echte und solide Säule wird, mit durchsetzbaren Rechten, einer besseren Wirtschaftspolitik und einer angemessenen Finanzierung für die notwendigen öffentlichen Investitionen.“

Die beschäftigungs- und sozialpolitische S&D Fraktionssprecherin Jutta Steinbrück sagte abschließend:

„Neue Beschäftigungsformen führen zu neuen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt. Die EU muss ihre Arbeitsgesetzgebung und ihre Sozialversicherungssysteme anpassen, um menschenwürdige und faire Arbeitsbedingungen und sozialen Schutz für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewährleisten.

Keine freundlichen Worte und falschen Versprechungen mehr – die Sozialdemokratische Fraktion erwartet, dass die Kommission mit einer konkreten Aktualisierung der EU-Rechtsvorschriften aufwartet. Bestehende Schlupflöcher, die zu atypischer Beschäftigung mit der daraus resultierenden Armut und Unsicherheit im Leben vieler Bürgerinnen und Bürger geführt haben, müssen endgültig geschlossen werden.“

Dies sind die wichtigsten Vorschläge der S&D Fraktion für die Europäische Säule sozialer Rechte:

1. Eine EU-Richtlinie zu gerechten Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer, die ein Grundpaket an durchsetzbaren Arbeitsrechten, Krankenversicherung und Sozialschutz sicherstellt, und zwar auch für befristete Arbeitsverhältnisse, Arbeit auf Abruf, Praktika, selbstständige Erwerbstätigkeit und digitale Plattformen. Alle diese Menschen müssen ihren Lebensunterhalt menschenwürdig verdienen und brauchen Schutz!
2. Ein Verbot von unentgeltlichen Praktika und von Praktika, die so schlecht bezahlt sind, dass die Arbeiter davon nicht leben können.
3. Ein Verbot von Null-Stunden-Verträgen. Allen Arbeitnehmern müssen bestimmte Kernarbeitszeiten garantiert werden; man kann sie nicht in permanente Unsicherheit zwingen!
4. Menschenwürdige existenzsichernde Löhne und Gehälter. Jedes EU-Land sollte einen Mindestlohn in der Höhe von mindestens 60% des jeweiligen nationalen Durchschnittslohns garantieren.
5. Eine Kindergarantie in allen EU-Mitgliedsstaaten, sodass jedes Kind, das in Armut lebt, Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung, kostenloser Ausbildung, kostenloser Kinderbetreuung, angemessenem Wohnraum und guter Ernährung erhält.
6. Eine Jugendgarantie, die sicherstellt, dass alle jungen Menschen unter 30 Jahren binnen vier Monaten nach Abschluss ihrer Ausbildung oder nachdem sie arbeitslos geworden sind, ein qualitativ hochwertiges Angebot für eine Arbeitsstelle, einen Ausbildungsplatz, ein Praktikum oder eine Fortbildung erhalten.
7. Eine Kompetenzgarantie als ein neues Recht für alle, die grundlegenden Kompetenzen und Fertigkeiten für das 21. Jahrhundert zu erlangen, einschließlich der digitalen Kompetenz.
8. Wohngeld für junge Menschen, die einen eigenen Haushalt gründen, und für alle Bedürftigen, unter anderem durch mehr Sozialwohnungen und Schutz vor Zwangsräumungen.
9. Neue und bessere Gesetze zum Mutterschaftsurlaub, zum Vaterschaftsurlaub, zum Elternurlaub und zum Urlaub für Pflegepersonen, um Chancengleichheit zu gewährleisten, den Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu helfen und eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu ermöglichen.
10. In den finanzpolitischen Vorschriften der EU soll eine ‚silberne Regel‘ für soziale Investitionen gelten, die sicherstellt, dass entscheidende Investitionen wie Kinderbetreuung oder schulische und berufliche Bildung nicht durch Obergrenzen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden verhindert werden.
11. Beschäftigung als oberste Priorität des EU-Investitionsplans: Die Europäische Investitionsbank wird durch die Steuerzahler unterstützt und sollte der Arbeitsplatzschaffung Vorrang vor den finanziellen Erträgen einräumen.
12. Mehr Geld für bestehende EU-Fonds, die bei der Arbeitssuche, bei der Aus- und Weiterbildung und bei der sozialen Eingliederung helfen. Zusätzlich sollten zwei neue Finanzinstrumente innerhalb der Fiskalkapazität des Euro-Raums geschaffen werden: ein Konvergenzfonds, um die von der Krise des Euro-Raums am stärksten betroffenen Volkswirtschaften zu sanieren, und eine europäische Arbeitslosenversicherung, die die nationalen Systeme im Fall von zukünftigen Schocks kurzfristig unterstützt.