Nach den Parlamentswahlen in Serbien fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die EU-Mitgliedsstaaten auf, keine neuen Kapitel in den Beitrittsverhandlungen mit Serbien zu eröffnen, bevor die Demokratie im Land ausreichend wiederhergestellt ist.

Kati Piri, für Außenpolitik zuständige Vizevorsitzende der S&D Fraktion, sagte dazu:

„Diese Wahl war nicht repräsentativ, und ich fürchte, dass sie die Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit im Land nicht ändern wird. Das sollte in einem Kandidatenland für den Beitritt zur Europäischen Union nicht möglich sein. Wir fordern die EU-Kommission, die die Beitrittsgespräche führt, auf, wirklich zu analysieren, was falsch gelaufen ist, und ihre Schlüsse zu ziehen.

Der Rat sollte keine neuen Kapitel mit Serbien eröffnen, bevor die großen Probleme mit der Demokratie im Land gelöst sind. Wir brauchen zumindest freie Medien und ein vielfältiges Parlament, in dem die Opposition vertreten ist. Es hat mich schockiert, dass Kommissar Várhelyi in seiner Erklärung letzte Nacht kein einziges Wort über diese Probleme oder über die Forderung der Opposition, die Wahlen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, gesagt hat.“

Der S&D Fraktionssprecher im Außenpolitischen Ausschuss, Tonino Picula, fügte hinzu:

„Die Sozialdemokratische Fraktion wird den engen Kontakt zu unseren Schwesterparteien, die die Wahlen boykottiert haben, aufrechterhalten. Wir sind nie dafür, Wahlen zu boykottieren, und wir sind der Ansicht, dass die politische Debatte im Parlament stattfinden sollte. Doch mit diesem Boykott durch die wichtigsten Oppositionsparteien und der Tatsache, dass keine Oppositionspartei den Einzug ins Parlament geschafft hat, obwohl die Sperrklausel kurz vor den Wahlen auf 3% gesenkt wurde, hat das Parlament in Serbien seine Rolle als Gesetzgebungsorgan, das die gesamte serbische Gesellschaft repräsentiert, verloren.

Die Europäische Volkspartei ist großteils für die aktuelle Situation verantwortlich, da sie Präsident Vučić seit Jahren beschützt hat, während er das Land in eine Autokratie verwandelte. Wir fordern die EVP auf, die Mitgliedschaft von Vučićs Partei endlich einer Überprüfung zu unterziehen.“

Tanja Fajon, sozialdemokratische Vorsitzende der Delegation des Europaparlaments für die Beziehungen mit Serbien, ergänzte:

„Das Niveau der Demokratie nach den Wahlen in Serbien hat sich erheblich verschlechtert, von der Lage der Medienfreiheit ganz zu schweigen. Wir haben keine parlamentarische Opposition mehr, was die Legitimität der gesamten Arbeit des neuen Parlaments in Frage stellt.

Aufgrund der COVID-19-Pandemie gab es nur eine eingeschränkte Wahlbeobachtungsmission des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, und das Europäische Parlament konnte gar keine Mission entsenden. Örtlichen Beobachtern zufolge wurden in 5% der Wahllokale Unregelmäßigkeiten festgestellt. Das ist ein höherer Prozentsatz als bei den Parlamentswahlen 2016 und bei den Präsidentschaftswahlen 2017. Auch die Wahlbeteiligung war deutlich niedriger als vor vier Jahren und blieb unter 50%, obwohl die Regierung Druck auf die Bürgerinnen und Bürger ausgeübt hat, zu den Urnen zu gehen.

Als eine der Vermittlerinnen des Europaparlaments für den Dialog zwischen den Parteien mit dem serbischen Parlament über die Wahlbedingungen muss ich leider sagen, dass die Bedingungen trotz unserer Anstrengungen für den Großteil der Opposition nicht ausreichend waren, um an den Wahlen teilzunehmen. Wir müssen neue Methoden finden, um sie in die nächste Runde unseres Parteiendialogs einzubeziehen.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Kroatien
S&D-Pressekontakt(e)