Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament fordert die chinesischen Behörden auf, den Ökonomen Ilham Tohti, der für die Rechte der uigurischen Minderheit in China kämpft, sofort und bedingungslos freizulassen. Ilham Tohti ist der diesjährige Gewinner des vom Europäischen Parlament verliehenen Sacharow-Preises für geistige Freiheit.

Unsere Fraktion wird die morgen zur Abstimmung anstehende Entschließung unterstützen, die die Praxis der sogenannten Umerziehungslager in der Provinz Xinjiang scharf verurteilt. In diesen Lagern werden – wie in den sogenannten China-Leaks bestätigt – rund eine Million Uiguren und ethnische Kasachen ohne Gerichtsverfahren festgehalten, oft nur aus dem Grund, dass sie Moslems sind. Wir werden die Mitgliedsstaaten auffordern, gezielte Sanktionen gegen chinesische Amtsträger zu beschließen, die für diese schwere Menschenrechtsverletzung verantwortlich sind.

Die Sozialdemokratische Fraktion bedauert zutiefst, dass Ilham Tohti nicht nach Straßburg kommen konnte, um den Preis persönlich entgegenzunehmen. Nach einem Schauprozess im Jahr 2014 wurde er von China aufgrund erfundener Anschuldigungen zu lebenslanger Haft verurteilt und wird heute von seiner tapferen Tochter Jehwer vertreten. Er ist ein führender uigurischer Intellektueller, Wirtschaftswissenschaftler und Gelehrter, dessen einziges Verbrechen es war, sich für Frieden und die Rechte der Uiguren einzusetzen, die eine größtenteils islamische Minderheitengruppe in der Region Xinjiang im Westen Chinas sind.

Kati Piri, für Außenpolitik zuständige Vizevorsitzende der S&D Fraktion, sagte dazu:

„Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass die chinesische Regierung für massive Menschenrechtsverstöße gegen die uigurische Minderheit des Landes verantwortlich ist. Durch die Verleihung des Sacharow-Preises an Ilham Tohti möchten wir die Notwendigkeit des Friedens und der uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte hervorheben, die allgemeingültig und unteilbar sind und den Kern des außenpolitischen Handelns der Union darstellen.

Wir fordern die chinesische Regierung auf, Tohti und alle Aktivistinnen und Aktivisten, die wegen ihrer Arbeit zur Verteidigung der Menschenrechte festgehalten werden, sofort freizulassen.

Es ist inakzeptabel, dass Tohti nicht einmal ein ungehinderter Zugang zu seiner Familie und zu seinen Anwälten gewährt wird. Wir fordern außerdem eine unparteiische Untersuchung der behaupteten Folter an Tohti, damit die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.“

Isabel Santos, Menschenrechtssprecherin der S&D Fraktion, fügte hinzu:

„Tohti ist ein neuerlicher Beweis dafür, dass China seine systematische Politik der Unterdrückung und der Missachtung der grundlegendsten bürgerlichen Freiheiten fortsetzt, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert sind. Diese Politik ist auch in Xinjiang und in Tibet offensichtlich, wo ein echter kultureller Völkermord stattfindet.

Zentren für Umerziehung, Folter, Verschwinden von Menschen, außergerichtliche Hinrichtungen und andere Menschenrechtsverletzungen gibt es in China nach wie vor. Europa kann gegenüber diesen Gräueltaten nicht gleichgültig oder unempfindlich sein. Wir müssen eine Strategie unserer Beziehungen festlegen, die China dazu bewegen wird, die Lager zu schließen und alle Menschenrechtsverstöße in Xinjiang und in Tibet zu beenden.“

Evelyne Gebhardt, Vizevorsitzende der Delegation des Europaparlaments für die Beziehungen zu China und sozialdemokratische Verhandlungsführerin für die Entschließung, erklärte:

„Die jüngst veröffentlichten China Cables bestätigen, dass die Lage in Xinjiang sich in den letzten Jahren rasant verschlechtert hat, da die chinesische Regierung die Uiguren wegen ihres Glaubens konsequent verfolgt und versucht, ihre kulturelle Identität auszulöschen. Eine Untersuchung der Internierungslager durch unabhängige Experten ist dringend notwendig. Die chinesischen Behörden müssen Informationen über die Standorte und den Gesundheitszustand der festgehaltenen Menschen liefern. Alle Lager und Haftzentren müssen geschlossen und die festgehaltenen Personen sofort und bedingungslos freigelassen werden.

Wir erwarten, dass die Mitgliedsstaaten gezielte Sanktionen gegen chinesische Amtsträger beschließen, die für die Masseninhaftierungen von Uiguren und anderen Angehörigen von islamischen Turkvölkern in Xinjiang sowie für die massive Unterdrückung der Religionsfreiheit in der Region verantwortlich sind. Die Einhaltung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit ist eine unanfechtbare Voraussetzung für eine weitere Vertiefung der Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union.“

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Portugal
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