Parteichef des Putschversuchs angeklagt: Krisentreffen zwischen S&D und Schwesterpartei aus der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien

Heute (Donnerstag, 5. Februar) berief die Sozialdemokratische Fraktion eine Krisensitzung im Europäischen Parlament mit der stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Union Mazedoniens (SDSM) ein, nachdem der Reisepass des Vorsitzenden der Oppositionspartei beschlagnahmt und ihm mitgeteilt wurde, dass er für einen versuchten ‚Staatsstreich‘ der Spionage angeklagt werde.

Der außenpolitische Koordinator der S&D Fraktion und Schattenberichterstatter des Europaparlaments für dieses Land, Richard Howitt, sagte der Vizevorsitzenden der SDSM, Frau Radmila Šekerinska, dass Ungereimtheiten in den Behauptungen seitens der Regierung des Landes geklärt werden müssten und dass die derzeitigen Zusicherungen nicht ausreichten, um darauf vertrauen zu können, dass der Fall unparteiisch behandelt wird.

Die beiden diskutierten über Dokumente, die angeblich Minister belasten und der SDSM zugespielt wurden, wie Letztere behaupten. Sie betrachteten auch ein Video vom Privatbüro des Premierministers, in dem der Oppositionsführer Zoran Zaev ihm erklärt, dass das durchgesickerte Dokument von einem ausländischen Geheimdienst stamme. Premierminister Nikola Gruevski persönlich erklärte am Wochenende, dass Herr Zaev wegen eines angeblich versuchten ‚Staatsstreichs‘ der Spionage bezichtigt werde.

Nach dem Treffen sagte Richard Howitt:

„Es  ist schwer, darauf zu vertrauen, dass dieser Fall unparteiisch behandelt wird, wenn die Verkündung der Anklage durch den Premierminister statt durch die Justizbehörden erfolgt. Das hätte das Ergebnis der Ermittlungen vorwegnehmen können, noch bevor sie abgeschlossen waren.

Ich habe von Frau Šekerinska Erklärungen erhalten, die nahelegten, dass der Hinweis auf eine ausländische Regierung lediglich ein Versuch war, interne Informanten zu beschützen, und dass die zugespielten Dokumente schwere Verbrechen unter Regierungsmitgliedern aufzeigen.
 
Es steht uns nicht zu, Vorverurteilungen zu treffen, aber meine Fraktion ist in großer Sorge, dass die Versuche, die Berichterstattung über den Fall zu beschränken, als Vertuschungsversuch interpretiert werden könnten.

Das beste Ergebnis wäre, wenn alle Anschuldigungen ohne Aufschub veröffentlicht würden.

Die Verwendung des Ausdrucks ‚Staatsstreich‘ ist neben der Tatsache, dass dem Oppositionsführer eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren droht, lediglich ein weiterer Schlag gegen das schwer beschädigte Ansehen des Landes.

Ich habe darauf bestanden, dass unsere Schwesterpartei in Skopje die Solidarität unserer Fraktion erhalten sollte, aber auch darauf, dass sie ihre eigenen Fragen zu beantworten hat.

Nichtsdestotrotz muss aber auch die Regierung ernste Ungereimtheiten beantworten, beispielsweise die Frage, warum die Verkündung der Anklage durch den Premierminister persönlich erfolgte, wie ein Video einer privaten Unterhaltung in seinem eigenen Büro gefilmt werden konnte und warum die Dokumente des Innenministeriums nahezulegen scheinen, dass noch keine tatsächliche Anklage erhoben wurde und dass der Vorwurf der Spionage auch nicht gegen Herrn Zaev persönlich gerichtet ist.

Von Brüssel aus werden wir alles tun, um in dieser Situation mit konstruktivem Einfluss beizustehen. Es ist zu hoffen, dass die Ermittlungen ebenso rasch wie gerecht abgeschlossen werden können, damit die Unsicherheit darüber, ob die Staatsanwaltschaft Anklage erheben wird, nicht verlängert wird.

Die Sozialdemokratische Fraktion bekräftigt ihre Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung, die die Rechte der Angeklagten vollständig respektiert und im Einklang mit dem Recht und den internationalen Standards einschließlich des Grundsatzes der Unschuldsvermutung steht.“