Auf Initiative der Sozialdemokratischen Fraktion forderte heute das Europäische Parlament Ungarn auf, den wegen Korruption zu einer Gefängnisstrafe verurteilten ehemaligen mazedonischen Premierminister Nikola Gruevski an Skopje auszuliefern. Gruevski war nach Ungarn geflüchtet und erhielt Asyl von der ungarischen Regierung. Für die S&D Fraktion ist eine Auslieferung die einzig mögliche Vorgangsweise, wenn die EU gegenüber den Ländern, die der EU beitreten möchten, ihre Glaubwürdigkeit wahren will. Die EU kann nicht unterschiedliche Regeln für sich und für die anderen haben.

 

Der Änderungsantrag der S&D Fraktion, der die Auslieferung Gruevskis fordert, wurde bei der Abstimmung über die Fortschrittsberichte von fünf Ländern des westlichen Balkans angenommen. Diese Berichte über Serbien, Montenegro, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, den Kosovo und Albanien beurteilen die Reformen und geben Empfehlungen für jedes Land ab, wobei Rechtsstaatlichkeit, Justiz, Medienfreiheit und Korruptionsbekämpfung die wichtigsten Prioritäten sind.

 

In der Debatte betonten die S&D Abgeordneten erneut, dass die EU-Erweiterung ein mächtiges Instrument zur Stabilisierung und Förderung des Friedens in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU ist. Daher bleiben wir dem Beitrittsprozess der Westbalkanländer weiterhin verpflichtet.

 

Der für Außenpolitik zuständige Vizevorsitzende der S&D Fraktion, Victor Boştinaru, sagte dazu:

 

„Was Ungarn im Fall von Gruevski getan hat, ist ein gefährlicher Präzedenzfall. Niemals in der Geschichte der EU hat ein Mitgliedsstaat eine derartige Auslieferungsoperation organisiert. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Europäischen Union.

 

Jedes Jahr beschließt die EU ihre Empfehlungen und fordert die beitrittswilligen Länder auf, eine breite Palette von Kriterien zu erfüllen. Die Bekämpfung der Korruption und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit sind unsere wichtigsten Forderungen. Genau das hat das mazedonische Justizsystem im Fall Gruevski getan. Die EU-Erweiterungspolitik wird unglaubwürdig, wenn wir unser eigenes Haus nicht in Ordnung bringen können. Ungarn muss Herrn Gruevski unverzüglich an Skopje ausliefern. Wir können nicht sagen, es gibt eine Regel für die anderen und eine andere Regel für uns.

 

Wir begrüßen die Annahme aller Berichte, die zeigen, dass in allen fünf Ländern gute Fortschritte erzielt wurden. Natürlich ist noch viel zu tun. Die Berichte weisen auf Probleme bei der Medienfreiheit und die negative Entwicklung im Bereich der freien Meinungsäußerung hin, wobei die Lage in Serbien besonders beunruhigend ist. Allgemein wird die gesamte Region – auch der Spitzenreiter Montenegro – aufgefordert, in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung größere Anstrengungen zu unternehmen. Dennoch sind wir der Ansicht, dass diese verbleibenden Lücken nicht vom Gesamtbild ablenken dürfen, das zeigt, dass der Erweiterungsprozess sowohl für die Kandidatenländer als auch für die EU Vorteile bringt.“

 

Der außenpolitische S&D Fraktionssprecher und Berichterstatter des Europaparlaments für Albanien, Knut Fleckenstein, fügte hinzu:

 

„Die Europäische Union muss ihre Versprechen an unsere Freunde in den Ländern des westlichen Balkans halten. Sie sollten Teil unserer EU-Familie werden, sobald die Beitrittskriterien erfüllt sind. Wir müssen dafür sorgen, dass die Europawahlen den Reformprozess in den Kandidatenländern nicht verzögern oder ihre europäischen Bestrebungen zunichte machen. Das bedeutet, dass in Anerkennung der Anstrengungen die Beitrittsverhandlungen mit Albanien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien spätestens im nächsten Jahr eröffnet werden müssen. Außerdem muss dem Kosovo ohne unnötige Verzögerung die Visumbefreiung gewährt werden. Zudem brauchen wir mehr Projekte in der gesamten Westbalkanregion mit sichtbaren und handfesten Vorteilen für die gewöhnlichen Menschen.

 

Das ist besonders wichtig im Vorfeld der Europawahlen: Wir als Politiker müssen unseren Wählerinnen und Wählern erklären, warum es im eigenen Interesse der EU ist, an ihren südöstlichen Grenzen stabile, wohlhabende und demokratische Nachbarn zu haben. Die Erweiterung ist der beste und vielleicht einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.“

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