Vor der morgigen Sitzung des Wettbewerbsrats fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die EU-Regierungen auf, die Gelegenheit zu nutzen, die durch die Bereitschaft der finnischen Ratspräsidentschaft geschaffen wurde, den Aufforderungen des Europaparlaments zur Wiederaufnahme von Beratungen nachzukommen. Die Transparenz von Unternehmen und die Steuertransparenz können jetzt erheblich verbessert werden, wenn die Regierungen sich endlich auf einen Standpunkt einigen und grünes Licht geben für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über eine öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Rechnungslegung für die größten in Europa tätigen multinationalen Konzerne.

Die Verhandlungsführerin der S&D Fraktion für das Dossier öffentliche und länderspezifische Berichterstattung, Evelyn Regner, erklärte dazu:

„Die Bürgerinnen und Bürger wollen Steuergerechtigkeit, und zwar sofort. Wir fordern die Mitgliedsstaaten auf, die Blockade endlich zu durchbrechen und mit dem Europäischen Parlament zusammenzuarbeiten, um eine sinnvolle öffentliche und länderbezogene Rechnungslegung Wirklichkeit werden zu lassen.

Die öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Berichterstattung ist eine starke Waffe im Kampf gegen Steuerflucht und Gewinnverschiebung. Das wird große multinationale Unternehmen nicht nur zwingen, offenzulegen, wo sie Gewinne machen und wieviel Steuern sie zahlen. Unternehmenstransparenz wird es für Facebook und Starbucks viel schwieriger machen, sich den niedrigsten Steuersatz auszusuchen oder überkomplizierte Strukturen aufzustellen, um keine Steuern zu zahlen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht, zu wissen, wo multinationale Konzerne tätig sind und Gewinne machen, wer seinen gerechten Anteil an Steuern zahlt, und wer sich als Trittbrettfahrer davor drückt, seinen Beitrag zu unserer Gesellschaft zu leisten.“

Der Verhandlungsführer der S&D Fraktion für das Dossier öffentliche und länderspezifische Berichterstattung, Iban García del Blanco, fügte hinzu:

„Während der Rat seit über drei Jahren Fortschritte bei der Unternehmens- und Steuertransparenz verzögert, hat das Europäische Parlament wieder und wieder bewiesen, dass wir auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger sind. Morgen werden die EU-Regierungen Farbe bekennen, und wir werden wissen, wer der Steuergerechtigkeit verpflichtet ist und wer die Sonderinteressen der großen Konzerne schützt.

Ich kann dem Besitzer eines Tante-Emma-Ladens oder einer jungen Familie nicht erklären, warum sie Steuern zahlen müssen, während die Konzernriesen wie Amazon und Google davonkommen, ohne ihren gerechten Anteil zu zahlen. Das Vertrauen der Bürger in unsere Demokratien und die Nachhaltigkeit unseres sozioökonomischen Modells hängen davon ab, dass die Regierungen hart gegen Steuerdelikte durchgreifen. Es ist höchste Zeit, dass die EU-Regierungen den Ruf ihrer Bürgerinnen und Bürger nach Steuer- und Unternehmenstransparenz beherzigen.“

Hinweis für die Redaktion:

Im April 2016 hat die EU-Kommission Rechtsvorschriften für die Steuertransparenz von Unternehmen vorgeschlagen, die häufig als öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Rechnungslegung für multinationale Unternehmen bezeichnet werden. Demnach müssen multinationale Konzerne mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro in einem jährlichen öffentlichen Bericht offenlegen, wo sie tätig sind, wo sie Gewinne machen und wieviel Steuern und andere Abgaben sie entrichten, und zwar für jedes Land, wo sie aktiv sind. Diese Maßnahme würde die bereits existierende Gesetzgebung über den automatischen Austauch von Steuerinformationen ergänzen und zu einer Rechenschaftspflicht der Konzernmultis gegenüber der Öffentlichkeit und allen anderen Steuerzahlern führen.

Im Juli 2017 hat das Europaparlament sein Mandat für die interinstitutionellen Verhandlungen – die sogenannten Triloge – beschlossen. Seitdem ist der Rat durch einige Länder blockiert, die den Vorschlag ablehnen, und hat folglich noch keine Verhandlungsposition. Am 24. Oktober hat das Europäische Parlament eine starke Resolution verabschiedet und die Mitgliedsstaaten dringend aufgefordert, den Stillstand im Rat zu überwinden, ihre erste Lesung zur öffentlichen und nach Ländern aufgegliederten Rechnungslegung abzuschließen und interinstitutionelle Verhandlungen mit dem Parlament aufzunehmen. Morgen könnte der Wettbewerbsrat sich auf eine allgemeine Ausrichtung einigen.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien
Mitglied
Österreich
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