Die Sozialdemokratische Fraktion verurteilt das unheilvolle Abkommen zur Kleinanlegerstrategie, das von den konservativen und liberalen Kräften im Europäischen Parlament gemeinsam mit der extremen Rechten geschmiedet wurde. Gestern stimmte der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments für den von der liberalen Berichterstatterin Stéphanie Yon-Courtin vorgelegten Kompromiss, der Kleinanleger ernsthaft schädigt und der Kapitalmarktunion zuwiderläuft.

Jonás Fernández, wirtschafts- und währungspolitischer Sprecher der S&D-Fraktion, sagte:

„Die S&D-Fraktion hat eine Strategie gefordert, die Kleinanleger in den Mittelpunkt stellt und sie schützen soll, wenn sie sich finanziell beraten lassen, um ihre Ersparnisse zu sichern oder Geld für den Ruhestand oder als eiserne Reserve anzulegen.

Der fehlende Ehrgeiz im Vorschlag der Europäischen Kommission vom vergangenen Mai hat uns daher enttäuscht. Die Kommission hatte jedoch wenigstens ein partielles Verbot von Provisionszahlungen* bei Verkäufen ohne Beratung vorgeschlagen, das undurchsichtige finanzielle Anreize für Finanzvermittler verhindern sollte, wenn zwischen Wertpapierunternehmen und Verbraucher kein Beratungsverhältnis besteht.

In dem gestern von der Berichterstatterin Yon-Courtin zur Abstimmung vorgelegten Vorschlag kommt gar kein Verbot mehr vor. Stattdessen finden sich darin mehrere Teile, die Anlass zur Sorge geben, darunter abgeschwächte Bestimmungen zum Preis-Leistungs-Verhältnis sowie zu Maßnahmen, die die Kommission zum Schutz von Kleinanlegern, die eine Anlageberatung suchen, vorgeschlagen hatte. Dies ist für alle progressiven Kräfte unannehmbar.“

Eero Heinäluoma, sozialdemokratischer Verhandlungsführer für die Strategie für Kleinanleger, meinte:

„In Zeiten permanenter Krisen können sich viele Menschen in Europa kaum noch über Wasser halten. Wer das Glück hat, sparen zu können, sollte nicht von Bankern abgezockt werden, die undurchsichtige und überhöhte Gebühren verlangen. Das Ergebnis der gestrigen Abstimmung zeigt klar und deutlich, wer im Europäischen Parlament an der Seite der Bürgerinnen und Bürger steht und wer die Profite der Finanzindustrie verteidigt. Wir sorgen uns um die Ersparnisse und Renten der Menschen in Europa. Die Konservativen und Liberalen schließen Abkommen mit der extremen Rechten, von denen nur Banker profitieren und die den unhaltbaren Status quo zementieren.

Wir haben ein Komplettverbot finanzieller Anreize gefordert, da es das wirksamste Mittel ist, um potenzielle Interessenkonflikte zu beseitigen, Kleinanleger zu schützen und sicherzustellen, dass die Finanzmärkte wirklich für die Menschen arbeiten. Ein partielles Provisionsverbot, wie von der Kommission letztes Jahr vorgeschlagen, wäre das absolute Minimum, um die derzeitige Lage zu verbessern. Die von den Konservativen und Ultrarechten unterstützte Berichterstatterin hat dieses Teilverbot jedoch vollständig aus dem endgültigen Text entfernt. Wir können diese schädliche Vereinbarung daher nicht akzeptieren.“

* Hinweis für die Redaktion:

Zurzeit ist die provisionsgebundene Finanzberatung in den meisten europäischen Ländern die üblichste Form des Verkaufs von Anlageprodukten an Privatkunden. Fondsmanager und Versicherungen locken Finanzberater mit Provisionen – die je nach Produkt unterschiedlich ausfallen können –, wenn sie den Kunden ihre Produkte empfehlen. Dies kann zu Interessenkonflikten bei der Finanzberatung führen, da häufig Anlageprodukte empfohlen werden, die aufgrund der Provisionen für die Finanzberater höhere Gebühren nach sich ziehen. Dieses einseitige System sollte verboten und durch ein transparentes Beratungsmodell ersetzt werden, bei dem die Beratungsgebühren im Voraus klar sind.

Dieser Ansatz wird durch mehrere Studien unterstützt. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2022 wurde beispielsweise festgestellt, dass Finanzprodukte mit hohen Provisionen im Schnitt 25 Prozent teurer waren als Produkte ohne derartigen Anreiz.

In Ländern, in denen finanzielle Anreize verboten wurden, wie in Großbritannien oder in den Niederlanden, ist das Vertrauen in Finanzberater gestiegen. Außerdem haben die Verbraucherinnen und Verbraucher dort nun Zugang zu vielfältigeren und kostengünstigeren Anlageprodukten, die Kleinanlegern ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

In den beiden genannten Ländern sind Provisionszahlungen an Finanzintermediäre bei Verkäufen ohne Beratung schon länger untersagt, zudem müssen Wertpapierfirmen ihrer Kundschaft eine transparente Vorabgebühr für die Auftragsausführung in Rechnung stellen. Aufgrund dieser Gebührentransparenz können Kleinanleger die Ausführungskosten verschiedener Finanzvermittler leicht vergleichen. Dies hat dazu geführt, dass die Gebühren für Anleger in den Niederlanden und in Großbritannien für Leistungen, bei denen keine Beratung stattfindet, gesunken sind.

Die von der Europäischen Kommission 2018 veröffentlichte Studie über den Verkauf von Produkten an Privatanleger zeigt, dass Kleinanleger in den Niederlanden und in Großbritannien Zugang zu den kostengünstigsten Investmentfonds in Europa haben.

Zivilgesellschaftliche Organisationen wie BEUC und BETTER FINANCE befürworten schon seit Langem die Einführung eines EU-weiten Verbots finanzieller Anreize, um die Anlageberatung für Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbessern.

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