Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament sieht den lange erwarteten Vorschlag der Europäischen Kommission für ein EU-Ethikgremium als verpasste Chance.

Sie ist vor allem enttäuscht darüber, dass die neue Behörde dem Vorschlag zufolge weder Ermittlungsbefugnisse erhalten soll noch die Möglichkeit, Sanktionen zu verhängen, wenn gegen die Vorschriften verstoßen wird. In den Plänen der Kommission sind für die Behörde weder Befugnisse noch Ressourcen vorgesehen, um die Integrität und Rechenschaftspflicht der EU-Institutionen zu erhöhen. Der Kommissionsvorschlag gibt keine Antwort auf die schon lange und wiederholt geäußerte Forderung des Parlaments nach einem Gremium, das auf einer interinstitutionellen Vereinbarung über gemeinsame Standards aufbaut, die gleichermaßen für alle Institutionen gelten.

Die S&D-Fraktion hat darum ersucht, der Tagesordnung für die nächste Plenartagung vom 12. bis 15. Juni eine Debatte über die EU-Ethikbehörde hinzuzufügen, damit sie ihre Sorge über die Vorschläge der Kommission zum Ausdruck bringen kann.

Gaby Bischoff, Vizevorsitzende der S&D-Fraktion, sagte:

„Der Vorschlag geht komplett am Ziel vorbei. Unsere Forderung galt einer unabhängigen Ethikbehörde mit einem Mandat zur Untersuchung aller Institutionen und Agenturen der Europäischen Union, die über die Ressourcen und das nötige Personal verfügen muss, um noch vor dem Ende dieser Legislaturperiode ihre Aufgaben wahrzunehmen. Dem Vorschlag der Kommission fehlt es an Ehrgeiz zur Errichtung einer echten Ethikbehörde.

Ohne die Befugnis, eigenständig Untersuchungen einleiten zu können, ist die Behörde ein zahnloser Tiger, da sie nicht auf alle EU-Institutionen dieselben ethischen Standards anwenden kann. Wir brauchen kein neues europäisches Gremium, das lediglich gemeinsame Mindeststandards festlegt oder eine Kultur ethischen Verhaltens fördert. Wir brauchen eine EU-Ethikbehörde, die den Namen verdient.

Ein Weitermachen wie bisher ist keine Option, wenn wir die Transparenz und Rechenschaftspflicht der EU-Institutionen stärken wollen. Da der Vorschlag der Kommission hinter den Erwartungen unserer Fraktion zurückbleibt, werde ich mich als Berichterstatterin für die Änderung der Geschäftsordnung nun verstärkt auf die Tätigkeit des Beratenden Ausschusses des Europäischen Parlaments konzentrieren.“

Beteiligte Abgeordnete
Vizevorsitzende
Deutschland