Gestern Abend haben wir dank einer politischen Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat einen großen Schritt zur Beendigung der weit verbreiteten Praxis missbräuchlicher Gerichtsverfahren getan, die dazu dienen, Journalisten, NGOs, Menschen- und Umweltschützer und die Zivilgesellschaft mundtot zu machen. 

Aufgrund der Arbeit unserer Fraktion wird das kommende Gesetz die Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und anderen Parteien, die ein berechtigtes Interesse an der Unterstützung der Angeklagten haben, an den Verfahren ermöglichen. Ferner werden Maßnahmen zur rechtlichen, psychologischen und finanziellen Unterstützung der Beklagten durch eine einzige Kontaktstelle eingeführt.

Die S&D-Fraktion macht seit Jahren auf die Zunahme strategischer Klagen gegen öffentliche Beteiligung (sogenannte SLAPP-Klagen*) aufmerksam, die im Jahr 2022 ein Rekordniveau erreicht haben. 

Tiemo Wölken, sozialdemokratischer Berichterstatter für die Richtlinie und Verfasser des vorausgegangenen Berichts des Europäischen Parlaments über den Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren, sagte:

„Nach intensiven Verhandlungen haben wir eine Einigung über die sogenannte Anti-SLAPP-Richtlinie erzielt – ein Meilenstein zum Schutz unserer Demokratien, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte auf Meinungs-, Informations- und Vereinigungsfreiheit. Medienschaffende, Kontrollinstanzen und alle, die Angelegenheiten von öffentlichem Interesse bekannt machen, sind das Rückgrat unserer demokratischen Gesellschaften. Sie sollten ihre Aufgabe ohne Angst und ohne juristische Einschüchterung wahrnehmen können. Die heutige Einigung ist ein wichtiger Sieg für unsere Demokratien! Dadurch wird sichergestellt, dass unsere Gerichte kein Tummelplatz für den persönlichen Vorteil der Reichen und Mächtigen sind.

Obwohl der Rat versucht hat, viele der ursprünglichen Vorschläge der Kommission erheblich abzuschwächen, konnten wir eine breite Palette von Verfahrensgarantien für die Opfer von SLAPP-Verfahren durchsetzen. Dazu gehört, dass wir die Definition von Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug im betreffenden Erwägungsgrund durch Elemente gesichert haben, die ein umfassendes Verständnis dieses Begriffs gewährleisten, wenn er von nationalen Gerichten insbesondere in Bezug auf die Mittel beurteilt wird, die der Handlung der öffentlichen Beteiligung zugrunde liegen. 

Darüber hinaus ist es uns gelungen, neue flankierende Maßnahmen zur Unterstützung, Information, Transparenz und Datenerhebung einzuführen. Dazu gehört, dass es auf nationaler Ebene eine einzige Anlaufstelle für die bestehende Verfahrenshilfe und die finanzielle und psychologische Unterstützung geben wird. Zudem haben wir dafür gesorgt, dass die Kosten der Angeklagten vollständig erstattet werden und strenge Strafen möglich sind, und zwar in Verbindung mit dem im jeweiligen Mitgliedstaat gesetzlich verankerten Entschädigungsanspruch.

Die Anti-SLAPP-Richtlinie wird dazu beitragen, die Rechtsstaatlichkeit, die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit und letztlich unsere Demokratien in Europa besser zu schützen!“

Hinweis für die Redaktion

SLAPP-Klagen sind unbegründete und missbräuchliche Gerichtsverfahren, die von mächtigen und reichen Personen dazu benutzt werden, kritische Stimmen zu unterdrücken, damit Dinge von öffentlichem Interesse nicht ans Licht kommen. Sie kosten nicht nur Zeit und Geld, sondern haben auch große psychologische Auswirkungen auf die Opfer. Außerdem stellen sie einen Missbrauch unserer Rechtssysteme dar und untergraben unsere Demokratien, die Rechtsstaatlichkeit und unsere im EU-Recht garantierten Grundrechte.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Deutschland
S&D-Pressekontakt(e)