Die Europäische Kommission muss unverzüglich einen Gesetzesvorschlag zum Recht auf Nichterreichbarkeit vorlegen, so die Forderung der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament in der heutigen Plenardebatte.

Alex Saliba, Vizevorsitzender der S&D-Fraktion und Berichterstatter des Europäischen Parlaments für das Recht auf Nichterreichbarkeit, sagte:

„Es ist jetzt drei Jahre her, dass das Europäische Parlament erstmals ein Gesetz zum Recht auf Nichterreichbarkeit gefordert hat, um Arbeit und Freizeit im digitalen Zeitalter klar voneinander abzugrenzen. Die unscharfe Trennung fordert einen hohen Tribut, von unbezahlten Überstunden, unzureichenden Ruhezeiten und längeren Arbeitszeiten bis hin zu arbeitsbedingtem Stress, Erschöpfung, Burnout, Isolation, Ermüdung und Depression.

Angesichts der Coronapandemie, die das Wesen der Arbeit tiefgreifend verändert hat, erhob das Parlament 2021 die Forderung nach einer Richtlinie zum Schutz der Beschäftigten vor Übergewicht aufgrund digitaler Arbeit und der gesetzlichen Verankerung des Rechts auf Nichterreichbarkeit und auf Telearbeit in Europa, um eine Kultur des Respekts für die Freizeit der Arbeitnehmerschaft zu schaffen.

Wir haben die heutige Debatte aufgrund des Scheiterns der diesbezüglichen Tarifverhandlungen beantragt, um die Kommission dazu aufzurufen, umgehend, also noch vor dem Ende dieser Legislaturperiode, tätig zu werden. Dies ist wichtig, um das Recht auf Nichterreichbarkeit auf europäischer Ebene festzuschreiben und alle Beschäftigten vor arbeitsbezogenen Anrufen und E-Mails außerhalb ihrer Arbeitszeit oder während aller Arten von Urlaub zu schützen, ohne dass sie mit Konsequenzen rechnen müssen. Wir sehen dies als Grundrecht an, das fester Bestandteil der neuen Arbeitsformen im heutigen digitalen Zeitalter sein muss.“

Agnes Jongerius, beschäftigungspolitische Sprecherin der S&D-Fraktion, fügte hinzu:

„Es ist beklagenswert, dass der soziale Dialog zu einem solch wichtigen Thema gescheitert ist, weil die Arbeitgeber die Verhandlungen abgebrochen haben. Verschiedene Formen des Arbeitsnomadentums können ernste gesundheitliche Probleme verursachen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beeinträchtigen. Die trostlosen Statistiken zeigen viele Gründe dafür auf, warum nun unverzüglich gehandelt werden muss. 

Der Druck, immer erreichbar zu sein, nimmt zu, da die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben zunehmend verschwimmen. Bei der Arbeit von zu Hause aus ist es besonders schwierig, abzuschalten. 

Neuere Studien* zeigen, dass Menschen, die regelmäßig im Homeoffice tätig sind, mit doppelter Wahrscheinlichkeit länger als die im EU-Recht festgelegte Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden arbeiten. Acht von zehn Beschäftigten berichten, dass sie regelmäßig arbeitsbezogene Mitteilungen außerhalb der Arbeitszeit erhalten.“

* Hinweis für die Redaktion:

Weitere Angaben finden sich im jüngsten Bericht von Eurofound, der Europäischen Stifung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, vom 30. November 2023: https://www.eurofound.europa.eu/de/publications/2023/right-disconnect-implementation-and-impact-company-level 

Die Ergebnisse illustrieren eine Reihe von Unterschieden zwischen Beschäftigten in Unternehmen, die das Recht auf Nichterreichbarkeit verankert haben, und solchen ohne derartige Regelung. In den letztgenannten Unternehmen gaben prozentual mehr Beschäftigte an, unter Gesundheitsstörungen wie häufigen Kopfschmerzen, Stress und Angstzuständen zu leiden. Unternehmen, in denen ein Recht auf Nichterreichbarkeit besteht, berichten von höherer Mitarbeiterzufriedenheit und einer besseren Work-Life-Balance. Mehr als 70 % der Belegschaft in diesen Unternehmen bewerten die Auswirkungen des Rechts auf Unerreichbarkeit positiv.

Beteiligte Abgeordnete
Vizevorsitzender
Malta
Delegationsleiterin
Koordinatorin
Niederlande
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