Am Dienstag, dem 11. Juli, wird das Europäische Parlament eine Reihe von Maßnahmen beschließen, um die verbreitete Praxis missbräuchlicher Klagen zu beenden, mit denen Journalisten und die Zivilgesellschaft mundtot gemacht werden sollen.

Die S&D-Fraktion schlägt schon seit Jahren Alarm, weil immer mehr Journalisten, Demokratiewächter und Menschenrechtsverteidiger in der EU mit „strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung“ – sogenannten SLAPP-Klagen – überzogen werden. Diese grundlosen und schikanösen juristischen Verfahren werden von den Mächtigen und Reichen dazu benutzt, kritische Stimmen zu unterdrücken, damit Dinge von öffentlichem Interesse nicht ans Tageslicht kommen. Solche unseriösen Rechtsstreitigkeiten kosten nicht nur Zeit und Geld und setzen den Opfern psychologisch zu, sie unterminieren auch die Demokratie und den Rechtsstaat.

Der Gesetzentwurf des Parlaments enthält konkrete Vorschriften, die allen, die im öffentlichen Interesse tätig sind, EU-weit Schutz zukommen lassen. Zu den Maßnahmen zählen etwa die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für die Opfer von SLAPP-Klagen in jedem Mitgliedstaat, damit diese sich bei speziellen nationalen Netzwerken, bestehend aus Fachanwälten, Juristen und Psychologen, Hilfe holen können.

Das EU-Parlament wird morgen über den Bericht „Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren“ abstimmen. Die Trilog-Verhandlungen mit Kommission und Rat beginnen am Mittwoch, dem 12. Juli. Geplant ist, die neue Richtlinie noch vor dem Jahresende zu verabschieden.

Tiemo Wölken, sozialdemokratischer Berichterstatter des Europäischen Parlaments für den Bericht „Schutz von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren“, sagte:

„Journalisten, Demokratiewächter und Menschenrechtsverteidiger bilden das Rückgrat unserer Demokratien. Es muss ihnen daher möglich sein, ihren Beruf angstfrei und ohne juristische Einschüchterung auszuüben. Wenn wir diese schädlichen Rechtsstreitigkeiten nicht unterbinden, werden der Rechtsstaat und die Rede- und Vereinigungsfreiheit untergraben. Mit der Abstimmung im Parlament in dieser Woche können wir verhindern, dass die Reichen und Mächtigen unsere Gerichte als Tummelplatz zu ihrem eigenen Vorteil missbrauchen.

In dem Gesetzentwurf findet sich eine Reihe wichtiger Vorschläge der S&D-Fraktion, etwa das Recht auf Schadenersatz für die Opfer von SLAPP-Klagen. Des Weiteren ist die Einführung von Schutzrechten gegen die missbräuchliche Wahl des günstigsten Gerichtsstands vorgesehen. Bei diesem sogenannten Forum Shopping gehen Beschwerdeführer in einem anderen Land als dem Wohnsitzland der Beschuldigten vor Gericht, wo die Gesetze zur freien Meinungsäußerung weniger streng sind oder höhere Prozesskosten anfallen.

Mit Blick auf die heutige digitale Welt ist es uns auch gelungen, eine breiter gefasste Definition von Sachverhalten mit grenzüberschreitendem Bezug aufzunehmen, indem wir den Geltungsbereich von Angelegenheiten von öffentlichem Interesse ausgeweitet haben, und zwar auf alle Dinge, die über das Internet zugänglich sind. Dies betrifft zum Beispiel Kampagnen in den sozialen Medien oder die Online-Berichterstattung.

Die anstehenden Trilog-Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission werden schwierig werden, da der Europäische Rat viele der Kommissionsvorschläge, etwa das Konzept der Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezug, merklich abgeschwächt hat. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit dem spanischen Ratsvorsitz und dem Rat eine Lösung finden werden. Letztlich streben wir doch alle dasselbe an, nämlich unsere Demokratien angemessen zu beschützen.“

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