Auf Initiative der Sozialdemokratischen Fraktion beschloss das Präsidium des Europäischen Parlaments gestern Grundsätze zur Reform der Rahmenbedingungen für Praktika. Nach den neuen Vorschriften können Europaabgeordnete in Brüssel drei Formen von Praktika anbieten: ein sechsmonatiges Praktikum für Hochschulabsolventen; einen Ausbildungsplatz für einen Zeitraum von bis zu fünf Monaten; Studienbesuche bis zu sechs Wochen. Für die ersten beiden ist eine fixe Vergütung vorgesehen, für Letzteres gibt es keine Entlohnung.

 

Sylvie Guillaume, sozialdemokratische Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, erklärte dazu:

„Wir sind sehr glücklich über die gestern im Präsidium beschlossene Reform. Die neuen Grundsätze bedeuten das Ende von unbezahlten Praktika im Europäischen Parlament. Nach dem geltenden Rahmen waren die Abgeordneten nicht verpflichtet, ihren Praktikantinnen und Praktikanten eine Mindestvergütung zu gewähren. Die Frage der Entlohnung blieb den Abgeordneten überlassen. Die Reform legt wichtige Grundsätze fest, um zu gewährleisten, dass Praktikanten eine angemessene Vergütung erhalten und gegen Krankheit und Arbeitsunfälle versichert sind. Die Tatsache, dass das Sekretariat des Europäischen Parlaments die Praktikanten direkt anstellt und den Abgeordneten zuteilt, wird Diskriminierungen zwischen den EU-Praktikanten endlich beseitigen.

Wir Sozialdemokraten kämpfen seit langem für eine Verbesserung der geltenden Rahmenbedingungen. Im März 2018 haben die sozialdemokratischen Mitglieder des Parlamentspräsidiums in einem Brief den Präsidenten des Parlaments, Antonio Tajani, ersucht, das Thema im Präsidium zu behandeln. Wir sind froh, dass wir es geschafft haben, denn die Frage betrifft Tausende junge Menschen, die für die Europäische Union arbeiten möchten. Wir können sie nicht im Stich lassen und so tun, als ob dies nicht geschieht, ebensowenig wie wir zu Problemen in unserem eigenen Haus schweigen können. Das Europäische Parlament und alle anderen Institutionen müssen auch auf diesem Gebiet mit gutem Beispiel vorangehen. Alle Praktika müssen vergütet werden.“

 

Agnes Jongerius, S&D Fraktionssprecherin für Wirtschaft und Soziales, fügte hinzu:

„Es ist beschämend, dass es immer noch zahlreiche Mitglieder des Europaparlaments gibt, die ihre Praktikanten nicht bezahlen. Unter dem Vorwand des Lernens oder einer Karrierechance nutzen Europaabgeordnete die Regelungslücke im Rechtsrahmen aus dem Jahr 2010, um ihre Arbeit erledigen zu lassen, ohne einen Cent zu bezahlen. Derzeit erhalten 8% der Praktikanten von Europaabgeordneten keinerlei Stipendium, und 35% erhalten weniger als 1000 Euro. Das ist eine ausbeuterische Praxis, die verboten gehört.

Was wir heute brauchen, ist die Schaffung von neuen hochwertigen Jobs, Praktika und Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche. Wir müssen sicherstellen, dass bezahlte Jobs nicht durch unbezahlte Praktika ersetzt werden. Wir fordern die EU-Kommission und den Europäischen Rat auf, dafür zu sorgen, dass alle unbezahlten Praktika verboten werden, und zwar nicht nur in den EU-Institutionen, sondern überall. Junge Menschen müssen menschenwürdige und nichtdiskriminierende Arbeitsbedingungen genießen, wo immer sie auch sind. In dieser Hinsicht muss das Europäische Parlament mit gutem Beispiel vorangehen.“

 

Hier können Sie den Brief (auf Englisch) an den Parlamentspräsidenten Tajani lesen.

Beteiligte Abgeordnete
Delegationsleiterin
Koordinatorin
Niederlande
Mitglied
Frankreich