Die heutige Debatte im Europäischen Parlament über die Zukunft Europas mit dem Premierminister Polens, Mateusz Morawiecki, fand zu einer für die polnische Demokratie sehr besorgniserregenden Zeit statt.  Erst gestern trat ein neues Gesetz in Kraft, das die Absetzung von rund 40% der Richter des Obersten Gerichtshofs ermöglicht. 

 

Udo Bullmann, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion, sagte dazu:

„Premierminister Morawiecki ist gekommen, um über die Zukunft Europas zu sprechen. Doch er führt uns in Europas Vergangenheit zurück, die wir auf keinen Fall wieder erleben möchten. Die Regierung der nationalistisch gesinnten Partei Recht und Gerechtigkeit PiS, die er repräsentiert, hat eine Reihe von Reformen durchgeführt und das Wesen der Demokratie in Polen drastisch verändert.

Haben wir in Polen noch ein unabhängiges Justizwesen und die Gewaltentrennung? Ich bezweifle es. Erst hat die Regierungspartei das Verfassungsgericht an sich gerissen und lahmgelegt und den nationalen Justizrat vollkommen politisiert, und jetzt hat sie begonnen, den Obersten Gerichtshof – die letzte Bastion der Justiz in Polen – zu demontieren. Die seit gestern geltende Reform macht es möglich, Dutzende Richterinnen und Richter in Frühpension zu schicken und den Gerichtshof mit Getreuen der Regierung zu besetzen. Wir protestieren in aller Schärfe gegen die Absetzung der Ersten Präsidentin des Obersten Gerichts, Malgorzata Gersdorf, und anderer Richter. Wir bewundern ihre Entschlossenheit und ihr Verantwortungsbewusstsein in Bezug auf die Achtung der polnischen Verfassung.

Es reicht anscheinend nicht, die Kontrolle der Justiz und der öffentlichen Medien zu übernehmen. Jetzt will die polnische Regierung das Gesetz für die Europawahlen im nächsten Jahr ändern, um ihren Stimmanteil zu maximieren.

Wir sind empört über die Tatsache, dass die PiS-Mehrheit die Arbeit am Gesetz für eine weitere Kriminalisierung der Abtreibung wiederaufgenommen hat. Sie wollen Frauen zwingen, zu gebären, selbst wenn klar ist, dass das Kind nicht überleben und während seiner kurzen Zeit auf der Erde schrecklich leiden wird. Das ist ein Angriff auf die Frauen. Ich bin aber zuversichtlich angesichts der Tatsache, dass so viele polnische Frauen auf die Straße gehen, um ihre Rechte zu verteidigen. Wir stehen an der Seite der dynamischen polnischen Zivilgesellschaft, die sich den undemokratischen und freiheitsfeindlichen Maßnahmen dieser Regierung widersetzt.

Wir unterstützen die Maßnahme der EU-Kommission, das Artikel-7-Verfahren einzuleiten, um die Rechtsstaatlichkeit in Polen zu verteidigen. Ebenso haben wir ihre jüngste Entscheidung begrüßt, den Obersten Gerichtshof zu verteidigen. Wir müssen dafür sorgen, dass das Recht der Polinnen und Polen und aller europäischen Bürgerinnen und Bürger auf ein Leben in einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft geschützt wird. Das ist unsere Pflicht als Mitglieder des Europäischen Parlaments und als Europäer.

Polen ist eine große Nation. Die Polen sollten den höchsten Ansprüchen entsprechend behandelt werden. Die PiS-Regierung muss mit der Demontage der polnischen Demokratie aufhören!“

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