Pittella: S&D Fraktion fordert Tusk auf, vor der Sommerpause einen außerordentlichen EU-Gipfel zur Migration einzuberufen. Warten bis Oktober wäre skandalös

Während das Mittelmeer mangels einer angemessenen Reaktion auf europäischer Ebene nach wie vor Schauplatz vieler menschlicher Tragödien bleibt, ist die Ankunft Tausender Migranten an den italienischen und griechischen Küsten nicht länger tragbar, weder für die Stabilität Italiens und Griechenlands noch für die Stabilität ganz Europas. Daher hat die Sozialdemokratische Fraktion beschlossen, einen Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates zu richten und Donald Tusk aufzufordern, unverzüglich einen außerordentlichen Ratsgipfel einzuberufen, um eine konkrete und gemeinsame Antwort auf die Migrationskrise zu geben.

Die S&D Fraktion sandte auch einen Brief an den italienischen Premierminister Paolo Gentiloni und an den Innenminister Marco Minnitti, um ihre volle Solidarität und große Anerkennung für die bisher geleistete Arbeit der italienischen Behörden zur Rettung, Identifizierung und Aufnahme von Flüchtlingen zum Ausdruck zu bringen.

Der Vorsitzende der S&D Fraktion, Gianni Pittella, erklärte:

„Die Sozialdemokratische Fraktion fordert den Präsidenten des Europäischen Rates auf, ein außerordentliches Gipfeltreffen einzuberufen, um eine unverzügliche und konkrete Antwort auf die Migrationskrise zu geben, die sich nicht nur auf Italien, sondern auf die politische und gesellschaftliche Stabilität ganz Europas dramatisch auswirkt. Es wäre ein skandalöser Fehler und eine haarsträubende Botschaft an die europäischen Bürgerinnen und Bürger, mit der Einberufung der nächsten EU-Ratssitzung bis zum 18. Oktober zu warten.

Es ist unabdingbar, den Umverteilungsmechanismus endlich auf alle Drittstaatsangehörigen anzuwenden. Das Dublin-System muss ebenfalls überarbeitet und an die aktuelle Situation angepasst werden. Auf lange Sicht muss Europa sein Engagement zur Stabilisierung Libyens verstärken und weiter in Afrika investieren, um die Ursachen dieser enormen Migrationsströme wirklich einzudämmen. Die Operation Triton scheint finanziell unzureichend ausgestattet zu sein und konzentriert sich zu sehr auf die Grenzüberwachung statt auf die Rettung von Menschenleben.

Währenddessen haben Italiens Nachbarn in einem Versuch, Migranten von der Weiterreise nach Norden abzuhalten, ihre Grenzen de facto geschlossen. Einige andere EU-Partner wie Polen und Ungarn haben sich geweigert, ihre Pflichten zu erfüllen, indem sie der Aufnahme von Asylsuchenden nicht zustimmten. Andere weigerten sich, ihre Mittelmeerhäfen zu öffnen; nicht einmal für ein einziges Rettungsschiff. Das ist nicht akzeptabel. Die Verweigerer müssen die politische und moralische Verantwortung für die Aushöhlung nicht nur der gesellschaftlichen und politischen Stabilität Italiens, sondern ganz Europas übernehmen.

Diese empörende Situation kann nicht so weitergehen. Schweigen oder unwirksame Lösungen sind jetzt sinnlos. Die EU-Institutionen und alle Mitgliedsstaaten müssen sich gemeinsam dieser Herausforderung stellen. Die Zukunft unserer Union steht auf dem Spiel.“

Diese schwerwiegenden Bedenken wurden auch dem estnischen Außenminister Sven Mikser mitgeteilt, der derzeit den EU-Vorsitz innehat.

Lesen Sie hier den Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, und hier den Brief an den italienischen Premierminister Paolo Gentiloni und den Innenminister Marco Minnitti (jeweils in englischer Sprache).