Deklaration der Fraktionsvorsitzenden von ALDE, EVP und S&D zur Migration vor dem EU-Gipfel

Wir können angesichts der immer wiederkehrenden Tragödien im Mittelmeer nicht schweigen. Wir wollen eine europäische Lösung für ein unserer Ansicht nach europäisches Problem. Diese Lösung muss alle Mitgliedsstaaten, die die ausschließliche Zuständigkeit für die Außengrenzen haben, alle EU-Institutionen und alle EU-Instrumente und EU-Behörden einbeziehen. Die Grundlagen dieser Lösung müssen Solidarität (zwischen den Mitgliedsstaaten, aber auch mit Drittländern) und ein ganzheitlicher Ansatz sein, der alle Dimensionen des Problems berücksichtigt.

1. Rettung von Leben auf See

Die EU muss sicherstellen, dass die Mitgliedsstaaten angemessene Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer durchführen, die auf EU-Ebene durch Frontex (Operationen Triton und Poseidon) koordiniert werden. Frontex muss in der Lage sein, Einsätze auf hoher See durchzuführen (was bei der aktuellen Operation Triton im Gegensatz zu ihrem italienischen Vorgänger Mare Nostrum nicht der Fall ist). Frontex braucht zur Erfüllung ihres Mandats mehr Finanzmittel und finanzielle Vermögenswerte. Derzeit sind Beiträge der Mitgliedsstaaten an Frontex nicht verpflichtend. Die Mitgliedsstaaten müssen mehr Solidarität zeigen, indem sie Schiffe und Personal für Such- und Rettungsaktionen bereitstellen.

2. Gewährung vorübergehenden Schutzes

Laut Frontex könnten in den kommenden Monaten zwischen einer halben Million und einer Million Menschen versuchen, das Mittelmeer zu überqueren. Um diesen Massenzustrom an Menschen zu bewältigen, die ihr Herkunftsland verlassen mussten und vorübergehend nicht in der Lage sind, unter sicheren Bedingungen zurückzukehren, müssen alle Optionen dringend geprüft werden. Dazu zählen ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus, eine verstärkte Nutzung von Visa aus humanitären Gründen, ein Notfallmechanismus für die Umsiedlung und die mögliche Inanspruchnahme der Richtlinie betreffend die Gewährung vorübergehenden Schutzes (2001/55/EG) , die während der Kosovo-Krise angenommen wurde, um den Massenzustrom von Vertriebenen zu  bewältigen. *

* Hinweis für die Redaktion:

Die Europäische Union hat die Bestimmungen der Richtlinie betreffend die Gewährung vorübergehenden Schutzes noch nie umgesetzt, weil die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme (Massenzustrom) als nicht erfüllt betrachtet wurden. 2013 hat das Europäische Parlament die Anwendung dieser Richtlinie für die Bewältigung der Syrien-Krise verlangt. EVP, S&D, ALDE, Grüne und GUE unterstützten diese Forderung.

3. Wirksame Bekämpfung der Netzwerke von Menschenhändlern und Schleusern von Migranten in Zusammenarbeit mit Drittländern

Die Mitgliedsstaaten sollten sicherstellen, dass ihre Behörden mit EUROPOL, FRONTEX, EASO (das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen) und EUROJUST eng zusammenarbeiten, um gegen Menschenhändler und kriminelle Netzwerke von Migranten-Schleusern vorzugehen und deren Finanzierungsquellen zu ermitteln und zu verfolgen. Die Mitgliedsstaaten sollten in diesen Angelegenheiten zudem eng mit den Drittländern kooperieren, vor allem mit den Nachbarländern Libyens.

4. Es sollten Überlegungen angestellt werden, wie Asylanträge rascher behandelt werden können, einschließlich einer Prüfung der Machbarkeit der Bearbeitung von Asylanträgen in Drittländern.

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