Die Sozialdemokratische Fraktion stand heute an der Spitze einer breiten Mehrheit im Beschäftigungs- und Sozialausschuss des Europäischen Parlaments, um sicherzustellen, dass alle Bürgerinnen und Bürger fairen Zugang zu sozialer Sicherheit haben, egal, wo sie leben. Dabei stellte sich die S&D Fraktion entschieden gegen alle Versuche zur Indexierung der Familienbeihilfe am Wohnsitz der Kinder sowie zur Senkung der Sozialstandards allgemein auf der Grundlage von falschen und demagogischen Behauptungen, die auf die Stigmatisierung von Arbeitssuchenden ausgerichtet sind. Dank der Anstrengungen unserer Fraktion wird der bessere Schutz der Rechte der europäischen Arbeitnehmer bei einem Umzug innerhalb der Europäischen Union garantiert.

Die neuen Vorschriften sollen bestehende Regeln modernisieren und vereinfachen und eine gerechte Aufteilung der Sozialversicherungskosten zwischen Mitgliedsstaaten garantieren. Sie konzentrieren sich auf fünf Schwerpunkte: Arbeitslosenleistungen, Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, Zugang zu Sozialleistungen für Nichterwerbstätige, Familienleistungen, geltende Rechtsvorschriften für entsendete Arbeitnehmer und Menschen, die in mehr als einem Mitgliedsstaat arbeiten.

 

Der sozialdemokratische Verhandlungsführer des Europaparlaments für das Dossier zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme, Guillaume Balas, sagte dazu:

„Täglich pendeln 1,4 Millionen Europäerinnen und Europäer zur Arbeit in ein anderes EU-Land; 2,3 Millionen entsendete Arbeitnehmer führen Dienstleistungen in einem anderem Mitgliedsland aus; und zwei Millionen Arbeiter überschreiten jeden Tag EU-Binnegrenzen, um Waren und Fahrgäste zu transportieren. Dazu kommen noch 17 Millionen Europäer, die in einem anderen als ihrem Geburtsland arbeiten oder leben. Welcher Mitgliedsstaat sorgt für diese Bürgerinnen und Bürger? Wo sollen sie ihre sozialen Rechte in Anspruch nehmen?

In Zeiten zunehmender Arbeitskräftemobilität ist der Schutz der sozialen Rechte von größter Bedeutung. Ebenso wichtig ist es, die Kontinuität der sozialen Sicherheit zu wahren, wenn man von einer Rechtsordnung zu einer anderen wechselt. Mit diesem Bericht versuchen wir, allen EU-Arbeitnehmern einen wirksamen sozialen Schutz zu garantieren, der niemanden diskriminiert. Außerdem wollen wir bei den anwendbaren Vorschriften für entsendete und selbstständige Arbeitnehmer sowie für Leute, die im Ausland mehrere Tätigkeiten ausüben, mehr Klarheit schaffen.

Falsche Behauptungen wie ‚Sozialtourismus‘ werden seit langem als Vorwand verwendet, um gleiche soziale Rechte zu verwehren oder jegliche Koordinierungsbemühungen abzulehnen. Das sollte nicht länger der Fall sein. Studien zeigen eindeutig, dass es in Europa keinen massenhaften Sozialtourismus gibt. Nichtsdestotrotz werden durch derartige demagogische Versuche Menschen, die ohnehin in Ungewissheit leben, belastet. Das können wir nicht akzeptieren.

Wir Sozialdemokraten haben einige Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Text durchgesetzt. So haben wir die Verlängerung des Zeitraums für die Mitnahme des Arbeitslosengelds in ein anderes EU-Land von drei auf sechs Monate unterstützt. Dank unserer Bemühungen wird jener Mitgliedsstaat, in dem ein Arbeitssuchender zuletzt erwerbstätig war, dafür zuständig sein, die in einem anderen Land zurückgelegten Versicherungszeiten einzurechnen. Vor allem aber haben wir alle Versuche abgeschmettert, die Berechnung des Kindergelds an dem Mitgliedsstaat auszurichten, wo die Kinder leben, obwohl ihre Eltern in einem anderen Land leben und arbeiten. Jenes Land, wo die Eltern ihre Sozialabgaben entrichten, soll für die Zahlung des Kindergelds verantwortlich bleiben.“

 

Die für Wirtschaft und Soziales zuständige Vizevorsitzende der S&D Fraktion, Mercedes Bresso, sagte:

„Die heutige Abstimmung ist eine große Errungenschaft für die europäischen Bürgerinnen und Bürger, die in einem anderen Mitgliedsstaat arbeiten und leben. Ihre Ansprüche auf soziale Sicherheit werden bei einem Umzug innerhalb der Europäischen Union endlich garantiert und gestärkt sein.

Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung von Arbeitnehmern muss in allen Fällen gewährleistet sein. Wir können nicht akzeptieren, dass Bürger ihre grundlegenden Ansprüche wie den Zugang zu Arbeitslosenunterstützung verlieren, wenn sie entlassen werden. Ebensowenig können wir akzeptieren, dass manche Bürger weniger Leistungen für die gleichen Beiträge erhalten.

Wir Sozialdemokraten haben sichergestellt, dass Arbeiter gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort erhalten. In gleicher Weise wollen wir gleiche Leistungen für gleiche Beiträge.

Die Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme ist ein dringend notwendiger Schritt vorwärts, um die Arbeitskräftemobilität in der Praxis zu schützen und zu erleichtern. Das ist auch ein zentrales Element der Europäischen Säule sozialer Rechte.“

 

Hinweis für die Redaktion

Die Koordinierungsregeln beruhen auf vier Grundsätzen:

1. Gleichbehandlung: Zugewanderte Arbeitskräfte haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die eigenen Staatsbürger des Landes

2. Zusammenrechnung: Frühere Versicherungs-, Arbeits- oder Wohnzeiten in anderen Mitgliedsstaaten werden bei der Berechnung von Sozialleistungen berücksichtigt

3. ein einziges anwendbares Recht: Arbeiter sind nur einem Mitgliedsstaat versichert und zahlen nur dort Beiträge

4. Exportierbarkeit: Sozialleistungen können EU-weit gezahlt und auch mitgenommen (exportiert) werden.

 

Das Europäische Parlament wird Verhandlungen mit dem Europäischen Rat aufnehmen, sobald das Verhandlungsmandat im Plenum bestätigt worden ist.

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Italien