Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament kritisiert heute die EU-Mitgliedsstaaten dafür, die Interessen der Industrie vor die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stellen. Der Rat droht damit, eine Vereinbarung zu blockieren, die den Bürgerinnen und Bürgern das Recht gibt, EU-weit Sammelklagen (Verbandsklagen) anzustrengen.

Die Mitgliedsstaaten überschreiten in den Verhandlungen eine rote Linie des Europaparlaments, indem sie versuchen, die Fluggastrechte und die Rechte von Bahnreisenden aus dem Geltungsbereich der kollektiven Rechtsdurchsetzung auszunehmen. Die Verhandlungen über die Richtlinie zur kollektiven Rechtsdurchsetzung zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament werden heute fortgesetzt.

Lara Wolters, Sprecherin der Sozialdemokratischen Fraktion für das Thema Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher, sagte dazu:

„Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie schwierig es für die Verbraucherinnen und Verbraucher sein kann, eine Entschädigung von großen Unternehmen zu erhalten, wenn sie mit Annullierungen oder Verspätungen in großem Umfang konfrontiert sind, insbesondere von Fluggesellschaften oder Eisenbahnunternehmen. Deshalb ist der Standpunkt des Rats, die Fluggastrechte und die Rechte von Bahnreisenden aus dem Geltungsbereich des neuen Gesetzes zur kollektiven Rechtsdurchsetzung auszunehmen, schlicht und einfach inakzeptabel. Das Europäische Parlament wird nicht akzeptieren, die Interessen der Industrie vor die Verbraucherrechte zu stellen, noch dazu in Krisenzeiten, wenn die Leute Probleme haben, über die Runden zu kommen, und mehr denn je Unterstützung brauchen.“

Tiemo Wölken, Sprecher der S&D Fraktion für den Rechtsausschuss, sagte:

„Wenn die EU-weite kollektive Rechtsdurchsetzung wirksam sein soll, muss sie alle Verstöße in großem Maßstab gegen die Verbraucherrechte verhindern und nicht genau jene Industriezweige ausklammern, wo unlautere Praktiken in den letzten Wochen und Monaten so himmelschreiend sind. Das Europäische Parlament beraubt niemanden seiner Rechte, und es ist sehr enttäuschend, dass die Mitgliedsstaaten diesen Standpunkt einnehmen. Der Rat muss die Fakten dieser Pandemie sehen: Einige der größten Missbräuche betreffen die Passagierrechte, und wir können den Leuten nicht das Recht verweigern, ihre Kräfte mittels einer Sammelklage zu bündeln, wenn ihre Rechte durch Fluggesellschaften oder Eisenbahnunternehmen verletzt werden. Wir sind hier, um die Verbraucherrechte zu schützen und zu stärken, nicht um sie zu schwächen.“

Hinweis für die Redaktion:

Die S&D Fraktion hat stets EU-Vorschläge unterstützt und verfochten, die es den europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglichen, in einem Verfahren, das als Sammelklage oder Verbandsklage bekannt ist, gemeinsam gegen große Unternehmen vorzugehen.

Skandale wie Dieselgate und Facebook/Cambridge Analytica, die ernste Folgen für Millionen von europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern gehabt haben, zeigten auf, wie dringend notwendig es ist, den Bürgerinnen und Bürgern durch EU-weite Rechtsvorschriften für die kollektive Rechtsdurchsetzung Zugang zum Recht zu geben.

Im März 2019 hat das Europäische Parlament seine Verhandlungsposition beschlossen und sichergestellt, dass es in den neuen Vorschriften keine Ausnahmen für die Fluggastrechte und die Rechte von Bahnreisenden gibt. In den Verhandlungen mit dem Parlament unterstützt der Rat nach wie vor eine Überprüfungsklausel in Bezug auf die Rechte von Reisenden im Luft- und Eisenbahnverkehr im Geltungsbereich der Richtlinie zur kollektiven Rechtsdurchsetzung. Das gäbe der EU-Kommission das Recht, ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie die Rechte von Fluggästen und Bahnreisenden zu bewerten und ihre Herausnahme aus dem Geltungsbereich der Richtlinie vorzuschlagen.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Deutschland
Mitglied
Niederlande
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