Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament hat heute die von der britischen Regierung vorgeschlagene einseitige Maßnahme zur Außerkraftsetzung des Nordirland-Protokolls heftig kritisiert.

Die britische Regierung will ihren Ministern einseitige Befugnisse geben, nach dem Brexit neue Regeln für den Handel zwischen Großbritannien und Nordirland festzulegen. Damit versucht sie, ein neues System für die Kontrolle von Waren zu schaffen, die aus Großbritannien nach Nordirland eingeführt werden, und ein sogenanntes duales Regulierungssystem einzurichten.

Die S&D Abgeordneten sind der Ansicht, dass der Gesetzesvorschlag die Bestimmungen des Nordirland-Protokolls verletzen und gegen völkerrechtliche Verpflichtungen verstoßen würde, die Boris Johnson freiwillig eingegangen ist, und dass die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen nach dem Brexit ernsthaft gefährdet wären.

Pedro Silva Pereira, Vizepräsident des Europäischen Parlaments und sozialdemokratisches Mitglied der Koordinierungsgruppe für das Vereinigte Königreich, sagte dazu:

„Premierminister Boris Johnson riskiert heute, das bisschen verbliebene Vertrauen zwischen der britischen Regierung und der EU zu zerstören, indem er einseitige Vorschläge zum Bruch des Nordirland-Protokolls annimmt. Es ist inakzeptabel, dass eine Seite versucht, die Handelsvereinbarungen außer Kraft zu setzen, die Teil eines völkerrechtlichen Abkommens sind. Trotz seines fragwürdigen Verhältnisses zur Wahrheit ist es eine Tatsache, dass Premierminister Johnson diese Vereinbarung vor etwas mehr als zwei Jahren selbst unterzeichnet hat. Seitdem hat es seine Regierung konsequent verabsäumt, in gutem Glauben zu handeln oder sich an den im Karfreitagsabkommen festgelegten Geist des Friedens und der Zusammenarbeit zu erinnern. Das ist schließlich der Grund, warum es das Nordirland-Protokoll überhaupt gibt.

Die britische Regierung muss sich vergegenwärtigen, welch großen Schaden diese Aktion ihrem internationalen Ansehen zufügen wird, andernfalls wird es schwerwiegende Konsequenzen geben. Im Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich verfügt die EU über scharfe Vergeltungsmaßnahmen, und wenn sich die Europaabgeordneten morgen mit Vizepräsident Maros Šefčovič treffen, werden wir ihm sagen, dass die Kommission für die nächsten Schritte, die diesbezüglich zu unternehmen sind, unsere volle Unterstützung hat.“

Thijs Reuten, Koordinator der S&D Fraktion für die Parlamentarische Versammlung EU-Vereinigtes Königreich, sagte:

„Im Gegensatz zu dem, was Premierminister Boris Johnson glaubt, ist an der einseitigen Aktion, die die britische Regierung heute veröffentlicht hat, absolut nichts banal. Vielmehr stellt die heutige Ankündigung nach den unzähligen Versäumnissen der britischen Regierung, in gutem Glauben zu handeln, ihre klare Absicht dar, einen weiteren schweren Verstoß gegen das Völkerrecht zu begehen.

Wir weisen den Versuch von Premierminister Boris Johnson zurück, einmal mehr Feindseligkeit gegenüber der EU zu schüren, um von seiner schlechten innenpolitischen Leistung abzulenken. Sein Ruf im Inland ist schon deutlich angeschlagen, aber das Ansehen Großbritanniens als glaubwürdiger Global Player ist noch intakt. Wir fordern das Vereinigte Königreich auf, unsere Zusammenarbeit nach dem Brexit in einer Zeit, in der Einheit unter den europäischen Verbündeten von größter Bedeutung ist, nicht mutwillig zu untergraben. Es ist zu hoffen, dass sich kühlere Köpfe durchsetzen, wenn diese Vorschläge das britische Parlament durchlaufen.

Zuallererst sollte die britische Regierung Nordirland erneut besuchen, um sich die Ansichten der Bevölkerung anzuhören. Die jüngsten Wahlen haben gezeigt, dass es keine politische Mehrheit für eine Beendigung des Nordirland-Protokolls gibt. Die Unternehmen haben sich ebenfalls lautstark gegen die schädlichen Auswirkungen ausgesprochen, die diese Kontroll- und Regulierungssysteme auf ihre Aktivitäten hätten. Ich hoffe, dass bevor dieser zynische politische Akt von Herrn Johnson ihre Existenzgrundlage beschädigt, die britische Regierung an einen Tisch mit der EU zurückkehrt, um nach einer Verhandlungslösung für die Handelsregelungen in Nordirland zu suchen. Wir bleiben offen für praktische Lösungen, die den von beiden Seiten unterzeichneten internationalen Vertrag voll und ganz respektieren.“

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Niederlande
Mitglied
Portugal