Die Europäische Union wird sechs Jahre nach Unterzeichnung der Istanbul-Konvention nun endlich dieses wichtige internationale Rechtsinstrument ratifizieren, das dazu dient, Gewalt gegen Frauen zu beseitigen. Der Europäische Rat hat die Opposition der konservativen Minderheit schließlich überwunden und das Europaparlament um Zustimmung zur Ratifizierung und zum Beitritt der EU zu Teilen der Istanbul-Konvention ersucht.

Für die Sozialdemokratische Fraktion, die mehrfach den Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention und die Ratifizierung durch jeden einzelnen Mitgliedstaat gefordert hat, ist die heutige Abstimmung ein großer Erfolg nach langem politischen Kampf.

Der Kampf ist jedoch noch nicht zu Ende. Die S&D-Fraktion drängt als Nächstes auf ein noch umfassenderes und wirksameres Instrument, um geschlechtsspezifische Gewalt auf EU-Ebene anzugehen: eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Mit dieser Richtlinie wollen wir gegen sämtliche Formen der Gewalt, darunter auch Vergewaltigung und Cyberverbrechen, angehen und sie unter Strafe stellen. Außerdem wollen wir, dass geschlechtsspezifische Gewalt in die Liste der EU-Straftatbestände aufgenommen wird, damit sich alle, die andere aufgrund ihres Geschlechts angreifen, der Justiz stellen müssen.

Łukasz Kohut, Berichterstatter der S&D-Fraktion für den Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte:

„Dies ist ein historischer Tag für Europa und für alle europäischen Frauen! Dank der Istanbul-Konvention werden wir Frauen besser vor Gewalt schützen können. Die heutige Abstimmung über den Beitritt der gesamten Europäischen Union zur Istanbul-Konvention ist eine Frage menschlichen Anstands. Alle, die dagegen gestimmt haben, sind faktisch für die Duldung häuslicher Gewalt.

Geschlechtsspezifische Gewalt ist das größte ungelöste, täglich vorkommende Problem in Europa. Jede dritte Frau in der EU hat schon einmal körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt – also etwa 62 Millionen Frauen. Genug ist genug! Die Istanbul-Konvention gilt als wirkungsvollstes Instrument zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, weil sie konkrete Auflagen enthält. Durch den Beitritt der EU zur Istanbul-Konvention wird nun europaweit ein Schirm gegen Gewalt geöffnet!“

Pina Picierno, sozialdemokratische Schattenberichterstatterin im Ausschuss für Frauenrechte und Geschlechtergleichstellung, meinte:

„Die Ratifizierung der Istanbul-Konvention durch die EU erscheint vielleicht wie ein endgültiger Sieg nach langem politischen Kampf. Tatsächlich ist sie aber nur der Anfang, der erste Schritt einer umfassenderen und wirksameren Strategie zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt. Der zweite grundlegende Schritt auf diesem Weg wird die Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sein, über die wir momentan pausenlos verhandeln. Die beiden Rechtsakte werden sich gegenseitig ergänzen und letztlich eine soziale Tragödie ins Zentrum europäischer Politik rücken, die wir viel zu lang vernachlässigt haben.

Wir zählen nun darauf, dass die Mitgliedstaaten die mutige Entscheidung umsetzen, die wir heute in Straßburg getroffen haben, nämlich europäischen Frauen endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und sie zu schützen.“

Hinweis für die Redaktion:

Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats zur Schaffung eines europaweit einheitlichen Rechtsrahmens, um Frauen gegen Gewalt zu schützen und um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern, strafrechtlich zu verfolgen und gänzlich zu beseitigen. In der Konvention wird Gewalt gegen Frauen als Verstoß gegen die Menschenrechte anerkannt.

Bislang haben 21 EU-Mitgliedstaaten die Istanbul-Konvention ratifiziert. Es fehlen noch Bulgarien, Litauen, Lettland, Tschechien, Ungarn und die Slowakei.

Die EU hat die Konvention im Juni 2017 unterzeichnet. Der Europäische Gerichtshof äußerste in einem Gutachten vom 6. Oktober 2021, das auf Antrag des Europäischen Parlaments erstellt wurde, dass die Ratifizierung der Istanbul-Konvention durch die Europäische Union vom Rat beschlossen werden kann.

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Polen
Mitglied
Italien
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