S&D Fraktion: Die Industrie ist lebenswichtig – Europa muss sie verteidigen

Auf Initiative der Sozialdemokratischen Fraktion forderte das Europäische Parlament heute eine Strategie zur Reindustrialisierung Europas nach den knallharten Ankündigungen der Werksschließungen von Caterpillar in Belgien und Alstom in Frankreich.

Die mit großer Mehrheit – 472 Stimmen dafür, 103 dagegen und 99 Enthaltungen – angenommene Resolution spricht sich für Strafen für Unternehmen aus, die Entlassungen auf der Grundlage von Börsenkursen machen. Die Europaabgeordneten wollen, dass die Mitgliedsstaaten sich vom französischen ‚Florange-Gesetz‘ inspirieren lassen, wonach multinationale Unternehmen, die ein Werk schließen möchten, verpflichtet sind, sich vorab nach einem neuen Käufer umzusehen.

Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Gianni Pittella, begrüßte das Abstimmungsergebnis und sagte:

„Wir können den Zynismus von multinationalen Konzernen wie Caterpillar nicht mehr akzeptieren. Über 5000 Arbeitsplätze sind direkt und indirekt von der Schließung dieses Werks bedroht. Und hinter diesen Zahlen spielen sich echte menschliche Dramen ab.
 
Das Unternehmen hat von heute auf morgen entschieden, seine Fabrik zu schließen, ohne viel Rücksicht auf die Situation seiner Beschäftigten. Dabei macht die Firma nach wie vor Gewinne und zahlt ihren Aktionären Dividenden, und dank Steueroptimierung hat sie von vorteilhaften Steuerregelungen profitiert. 

Es ist unerlässlich, dass wir eine echte Industriepolitik für Europa entwickeln, mit einer Investitionsstrategie, einer neuen Wettbewerbspolitik und einer Handelspolitik zur Bekämpfung des Sozialdumpings. Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten werden den europäischen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber rechenschaftspflichtig sein.“

Im Anschluss an die Abstimmung sagte die Mitverfasserin der Entschließung, die belgische Sozialistin Maria Arena:

„Heute hat das Europäische Parlament der Kommission ein deutliches politisches Signal gesendet. Die EU muss handeln, um ihre Industrien und ihre Jobs zu schützen. Auf unsere Initiative hat das Europäische Parlament für Sanktionen gegen Unternehmen gestimmt, die Entlassungen auf der Basis von Aktienpreisen vornehmen. Das könnte zum Beispiel die Rückzahlung von öffentlichen Geldern sein, die das Unternehmen erhalten hat, oder auch die Aussetzung des Zugangs zu bestimmten EU-Programmen. Wir fordern, dass alle Arbeitnehmer und Unterauftragnehmer an der Prozedur von Massenentlassungen beteiligt werden.

Caterpillar ist ein Sinnbild dafür, was ein Multi mit einem zerstörerischen Wirtschaftsmodell für die Arbeiterschaft bedeuten kann. Dies ist ein Unternehmen, das nach wie vor Gewinne macht, aber beschließt, die Dividenden seiner Aktionöre über die Interessen seiner Beschäftigten in Gosselies zu stellen.

Das Werk ist modern, hat eine junge, hoch qualifizierte Belegschaft und hat für seine Entwicklung von öffentlichen Investitionen profitiert. Wir verstehen, dass das für die Arbeiter in Gosselies eine bittere Pille ist. Deshalb fordern wir die EU auf, jetzt zu handeln, damit sich so etwas nicht wiederholen kann.“

Der französische Sozialist Edouard Martin, Mitverfasser der Resolution, fügte hinzu:

„Die Industrie ist für die europäische Wirtschaft lebenswichtig. Wir müssen sie verteidigen und beschützen, damit sie im Wettbewerb mit den Niedriglohnländern bestehen kann. Heute schlagen wir starke Maßnahmen für die Reindustrialisierung Europas vor. Es darf aber nicht bei leeren Worten bleiben, der Druck muss ständig erneuert werden.

Wir brauchen ein ‚Florange-Gesetz‘ auf europäischer Ebene. Dieses Gesetz zwingt multinationale Unternehmen, die einen Standort schließen möchten, zuvor einen Käufer zu suchen – und es funktioniert! So konnten beim KME-Werk in Givet in den Ardennen nicht weniger als 285 Arbeitsplätze gerettet werden.

Das geht aber nicht weit genug. Wir müssen die Wettbewerbsregeln in Europa überarbeiten und die umweltpolitische Verantwortung der Unternehmen umsetzen. Unternehmen, die schließen, müssen wir zwingen, Industriebrachen wiederzubeleben, damit diese Brachflächen wieder genutzt werden können.

Vor allem aber muss die EU endgültig mit der Austeritätspolitik Schluss machen, die die Entwicklung von Investitionen verhindert, welche die europäische Wirtschaft so dringend benötigt.“