Die Sozialdemokratische Fraktion betont die Bedeutung der heutigen Annahme des Fortschrittsberichts für die Türkei durch das Europäische Parlament und ist der Ansicht, dass der Verhandlungsprozess fortgesetzt und beschleunigt werden muss. Die Fraktion unterstreicht, dass mehr Demokratie notwendig ist, insbesondere in den Bereichen freie Meinungsäußerung, Medienfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenrechte. Die Sozialdemokraten fordern die türkischen Behörden auf, die europäischen Werte und die Kopenhagener Kriterien uneingeschränkt anzunehmen.

Die sozialdemokratische Türkei-Berichterstatterin des Europaparlaments, Kati Piri, sagte dazu:

„Die EU und die Türkei sind heute oftmals mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert, und wir brauchen einander, um gemeinsame Lösungen zu finden. Doch die Rückschläge bei der Rechtsstaatlichkeit und der Medienfreiheit in der Türkei müssen aufhören, und die Reformen müssen fortgesetzt werden. Wir sind der Ansicht, dass die Türkei wieder auf einen Weg zurückkehren muss, wo Journalisten nicht inhaftiert werden, weil sie ihre Arbeit machen, wo Akademiker nicht ihren Job verlieren, weil sie ihre Meinung äußern, und wo Richter nicht zögern, zu urteilen, weil sie fürchten, versetzt oder gefeuert zu werden.

Die Lage im Südosten der Türkei ist für uns Anlass zu großer Sorge. Wir fordern, dass der Konfliktbewältigungsprozess wiederaufgenommen wird, da es keine militärische Lösung für die Kurdenfrage gibt. Was die Migration anbelangt, loben wir die türkischen Bürgerinnen und Bürger, die die größte Flüchtlingspopulation der Welt beherbergen. Es ist Zeit, dass die EU eine echte Lastenteilung vornimmt und mit einem groß angelegten Umsiedlungsprogramm für Flüchtlinge in die EU-Länder beginnt.“

Der für Außen- und Nachbarschaftspolitik und Erweiterung zuständige Vizevorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion, Knut Fleckenstein, sagte:

„Wir verurteilen eindeutig jede Form der Einschüchterung von Journalisten und die gewaltsame und rechtswidrige Übernahme mehrerer Zeitungen. Wir heben die gravierenden Rückschritte bei der Rede- und Meinungsfreiheit im Laufe der letzten zwei Jahre hervor.

Um ihren Beitrittsverhandlungsprozess zu erleichtern, muss die Türkei sich uneingeschränkt den europäischen Werten, Grundsätzen und Kriterien anpassen.

Eine neue Verfassung sollte einen säkularen Staat mit uneingeschränkter Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Minderheitenrechte verbessern und garantieren.

Wir bekräftigen unsere Aufforderung an die Türkei, ihre Beziehungen mit allen EU-Mitgliedsstaaten einschließlich der Republik Zypern zu normalisieren.“

Der für Außenpolitik verantwortliche S&D Vizefraktionsvorsitzende Victor Boştinaru sagte:

„Wir werden heute den Stillstand beim türkischen EU-Beitrittsprozess bewerten, der leider auch zu einem Rückgang des Reformtempos und des Respekts vor der Rechtsstaatlichkeit und den Grundwerten in der Türkei beigetragen hat. Ich bin sehr besorgt über die gravierende Verschlechterung der Rede- und Meinungsfreiheit im Land in den letzten zwei Jahren.

Daher ermutige ich den Rat und die Kommission einmal mehr, die Verhandlungskapitel 23 und 24 gleichzeitig zu öffnen! Zugleich fordere ich die Türkei auf, den Reformprozess fortzusetzen, die offenen bilateralen Probleme mit ihren Nachbarn zu lösen und eine konstruktive Rolle in den Zypern-Verhandlungen zu spielen. Der Erfolg dieser Verhandlungen ist wichtig für die EU und – so glaube ich – auch für die Türkei.

Es besteht kein Zweifel an der Notwendigkeit, unsere Zusammenarbeit mit der Türkei zu vertiefen, um die aktuelle Flüchtlings- und Migrationskrise zu lösen. Allerdings habe ich erhebliche Bedenken bezüglich bestimmter Aspekte der letzten EU-Türkei-Vereinbarung. Wir müssen sicherstellen, dass die Rechte aller Asylbewerber in der Türkei wie auch in der EU geachtet werden, dass beide Seiten die Arbeit des UN-Flüchtingshilfswerks erleichten und dass Artikel 51 der Genfer Konvention uneingeschränkt angewendet wird.“