Der Jahresbericht der EU-Kommission zur Rechtsstaatlichkeit kann ein nützliches Instrument sein, um eine künftige Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit in der EU zu verhindern, aber es muss mehr getan werden, um den Druck auf Regierungen aufrechtzuerhalten, die bereits Schaden angerichtet haben, wie z.B. in Ungarn und Polen. Angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen in Slowenien hat die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament auf eine Plenardebatte über die Einmischung der slowenischen Regierung in das Gerichtswesen und die Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit gedrängt.

Das Parlament legt heute in einer Abstimmung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres seine Bewertung des Rechtsstaatlichkeitsberichts dar. Dabei fordert die S&D Fraktion Verbesserungen, um sicherzustellen, dass der Jahresbericht als Teil eines größeren Werkzeugkastens Wirkung zeigt.

Das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs, in dem die Klage von Viktor Orbán gegen die Aktivierung des Artikel-7-Verfahrens durch das Parlament zurückgewiesen wird, zeigt die Notwendigkeit, den Druck auf rückschrittliche Regierungen aufrechtzuerhalten, die darauf bestehen, sich um jeden Preis einer Kontrolle zu entziehen.

Domènec Ruiz Devesa, sozialdemokratischer Berichterstatter des Europäischen Parlaments für den Jahresbericht der Kommission zur Rechtsstaatlichkeit, sagte dazu:

„Der erste Jahresbericht der EU-Kommission zur Rechtsstaatlichkeit ist ein guter erster Schritt, um die Mängel in den Bereichen Justiz, Medienfreiheit, Korruptionsbekämpfung und Kontrollmechanismen in allen EU-Ländern stärker aufzuzeigen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Jahresbericht der Kommission das Potenzial hat, ein wirksames Präventivinstrument zu sein. Dazu muss der Bericht klare Empfehlungen und Fristen für deren Umsetzung sowie klare Verbindungen zu anderen Rechtsstaatsinstrumenten enthalten, die aktiviert werden könnten, wenn Mitgliedsstaaten die Empfehlungen ignorieren, sei es bei Artikel-7-Verfahren, Vertragsverletzungsverfahren oder dem Konditionalitätsmechanismus. Für Länder wie Ungarn und Polen reicht ein präventiver Ansatz eindeutig nicht aus. Künftig sollte der Bericht zwischen Ländern unterscheiden, in denen einige Aspekte der Rechtsstaatlichkeit verbessert werden müssen, und Ländern, in denen die Missachtung der Rechtsstaatlichkeit eindeutig systemischer Natur ist.

Die Rechtsstaatlichkeit ist nur so stark wie die Gerichte, die dieses Recht verteidigen. Die Kommission weist zu Recht auf Mängel in den nationalen Justizsystemen hin, aber der Teufel steckt im Detail, und in dieser Hinsicht ist der Bericht viel zu leicht. Es gibt schamlose Regierungen, die keine Anstrengungen unternommen haben, um Urteilen des Europäischen Gerichtshofs nachzukommen, und wir müssen in künftigen Berichten Einzelheiten darüber sehen, welche Regierungen das EU-Recht nicht einhalten. Die Kommission sollte den Bericht nutzen, um mehr über den Missbrauch von EU-Mitteln zu sagen und eine direkte Verbindung zum Konditionalitätsmechanismus herzustellen, der den EU-Haushalt mit der Achtung der Rechtsstaatlichkeit verknüpft.“

Birgit Sippel, sozialdemokratische Fraktionssprecherin für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte:

„Der Bericht der Kommission ist ein erster Schritt, um zu zeigen, wie unterschiedliche Praktiken von verschiedenen Regierungen als Blaupause verwendet werden, um die Rechtsstaatlichkeit zu untergraben. Da andere Regierungschefs dem autoritären Weg von Orbán folgen, muss die Verbreitung rückschrittlicher Werte, indem beispielsweise unabhängige Medien zum Schweigen gebracht werden, ein für alle Mal aufhören. Zwar sind die einzelnen Instrumente zur Verhinderung einer Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit wichtig, doch den Unterschied macht der Werkzeugkasten als Ganzes. Als Parlament fordern wir seit Jahren einen noch breiter aufgestellten EU-Mechanismus, der nicht nur die Rechtsstaatlichkeit, sondern auch den Schutz der Grundrechte und den Zustand der Demokratie insgesamt berücksichtigt. Die Kommission muss den Anwendungsbereich des Jahresberichts in diese Richtung erweitern.

„Heute hat der Europäische Gerichtshof Orbáns verzweifelte Versuche abgewiesen, eine demokratische Entscheidung des Europäischen Parlaments zur Einleitung des Artikel-7-Verfahrens in Ungarn aufzuheben. Das Urteil ist ein klares Signal des Parlaments und des Gerichtshofs: Je stärker die ungarische Regierung sich bemüht, sich der Kontrolle und Rechenschaftspflicht nach dem Gesetz zu entziehen, desto entschlossener werden wir die EU-Bürgerinnen und -Bürger schützen. Es ist höchste Zeit für die Kommission und die Mitgliedsstaaten, eine ebenso entschlossene Haltung einzunehmen: mit einem erweiterten Geltungsbereich im Bericht zur Rechtsstaatlichkeit allgemein, und in Bezug auf Ungarn und Polen mit dem Vorantreiben des Verfahrens nach Artikel 7 gegen diese Länder und durch die Aktivierung des an die Rechtsstaatlichkeit geknüpften Konditionalitätsmechanismus.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien
Koordinatorin
Deutschland