Im Vorfeld des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25. November hat die S&D-Fraktion heute in der Plenardebatte des Europäischen Parlaments konkretere Maßnahmen auf EU-Ebene gefordert, um Frauen zu schützen, die weiter nur deshalb angegriffen, überfallen oder ermordet werden, weil sie Frauen sind.

Die S&D-Fraktion kämpft derzeit vor allem für eine ehrgeizige EU-Richtlinie mit einer Definition von Vergewaltigung, die sich auf fehlendes Einverständnis gründet, wie in der Istanbul-Konvention festgelegt. Nur so kann gewährleistet werden, dass alle EU-Länder Sex ohne Zustimmung als Vergewaltigung in ihrem nationalen Recht verankern, damit alle Frauen in Europa gleichermaßen geschützt sind.

Leider haben sich die EU-Mitgliedstaaten bisher geweigert, den Straftatbestand des nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs als Vergewaltigung in die Position des Rates aufzunehmen. Die S&D-Fraktion ruft die EU-Regierungen dazu auf, ihren Standpunkt zu ändern und durch Taten statt nur durch Worte zu beweisen, dass sie an der Seite der Frauen stehen.

Iratxe García, Vorsitzende der S&D-Fraktion, sagte:

„Gewalt gegen Frauen unterscheidet nicht zwischen sozialen Schichten oder geografischer Herkunft. Sie kommt in allen Teilen der Gesellschaft und in allen Ländern der Welt vor, also auch in Europa, auch wenn gelegentlich versucht wird, dies zu leugnen. Jede dritte Frau in Europa wird im Laufe ihres Lebens in irgendeiner Form Opfer von Gewalt und verliert im schlimmsten Fall ihr Leben.

Jetzt haben wir die historische Chance, allen Opfern, die durch geschlechtsspezifische Gewalt mundtot gemacht werden sollen, eine Stimme zu verleihen. Wir haben nun endlich einen Vorschlag für ein erstes EU-Gesetz zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auf dem Tisch. Wir können jedoch unmöglich einer europäischen Richtlinie zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt zustimmen, die Vergewaltigung – eine der extremsten Formen von Gewalt gegen Frauen – nicht mit einbezieht. Nur Ja heißt Ja. Sex ohne Zustimmung ist Vergewaltigung.

Vergewaltigungen dürfen nicht toleriert werden und nirgendwo in der EU ungestraft bleiben.

Wir wollen auch, dass geschlechtsspezifische Gewalt in die Liste der EU-Straftatbestände aufgenommen wird, damit sich alle, die andere aufgrund ihres Geschlechts angreifen, der Justiz stellen müssen. Frau von der Leyen hat uns zu Beginn ihrer Amtszeit versprochen, einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen, doch ihr bisheriger Entwurf beschränkt sich nur auf Hassverbrechen und reicht definitiv nicht aus.“ 

Evin Incir, sozialdemokratische Mitberichterstatterin des Europäischen Parlaments für geschlechtsspezifische Gewalt im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, fügte hinzu:

„Künftige Generationen sollten sich niemals fragen müssen, ob Sex ohne Zustimmung eine Vergewaltigung darstellt. Jedes Opfer, das eine Vergewaltigung anzeigt, muss ein Gefühl von Sicherheit haben und Unterstützung spüren.

Deshalb ist die Sozialdemokratische Fraktion fest entschlossen, den Kampf mit den Mitgliedstaaten aufzunehmen, damit noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode eine ehrgeizige Richtlinie zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt zustande kommt. Leider steht uns in den Verhandlungen mit dem Rat ein großer Kampf bevor. Es ist völlig inakzeptabel, dass die nationalen Regierungen den Kommissionsvorschlag verwässert und die Kriminalisierung der Vergewaltigung aus dem Entwurf entfernt haben.

Es wäre eine unverzeihliche Kränkung aller Opfer, wenn die Richtlinie keine Mindestvorschriften zur Vergewaltigung enthalten würde.“

Pina Picierno, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und sozialdemokratische Schattenberichterstatterin für das Gesetzesvorhaben im Ausschuss für Frauenrechte und Geschlechtergleichstellung, meinte:

„Sagen wir es laut und deutlich: Ein Großteil unserer Gesellschaft glaubt noch immer, dass die Frauen selbst schuld sind. Wenn sie uns töten, ist es unsere Schuld; wenn sie uns schlagen, ist es unsere Schuld; wenn sie uns vergewaltigen, ist es ebenfalls unsere Schuld. Wir sind die Schuldigen schlechthin. Wir sind diejenigen, die provozieren – die Undankbaren von heute, die Hexen von gestern.

Es wird Zeit, dass wir uns den absurden Mythen und Geschlechterstereotypen widersetzen. Wir brauchen radikale Maßnahmen zum Schutz der Frauen von heute und von morgen und zur Sensibilisierung der Männer, die Verbündete beim Aufbau einer gerechteren Gesellschaft sind, in der Femizid, Gewalt und Patriarchat nur noch eine ferne Erinnerung darstellen.

Natürlich reichen Gesetzesänderungen allein nicht aus. Der Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt erfordert vielfältige Maßnahmen, von der uneingeschränkten Anwendung der Istanbul-Konvention, dem Kampf gegen patriarchalische sowie anderweitig diskriminierende kulturelle, soziale und wirtschaftliche Modelle über eine obligatorische sexuelle und affektive Erziehung in den Schulen bis hin zur gerechten Bestrafung der Täter.“

Hinweis für die Redaktion:

Geschlechtsspezifische Gewalt, sexualisierte Gewalt und häusliche Gewalt stellen in Europa die häufigsten Verletzungen der Frauenrechte dar. Diese groben Menschenrechtsverstöße sind kriminelle Handlungen, die sich überwiegend gegen Frauen richten. Jede dritte Frau ab 15 Jahren hat mindestens einmal im Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. In einer Erhebung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte aus dem Jahr 2014 gab die Hälfte aller Frauen in Europa an, schon einmal sexuell belästigt worden zu sein, während jede fünfte Frau von Vergewaltigung berichtete.

Beteiligte Abgeordnete
Vorsitzende
Spanien
Mitglied
Schweden
Mitglied
Italien
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