Die Sozialdemokratische Fraktion ist der Ansicht, dass der Kompass für Wettbewerbsfähigkeit keine Lösungen für die aktuellen und künftigen Herausforderungen bietet, sondern sich hinter dem Mantra der Vereinfachung mit potentiellen Rückschritten bei den EU-Standards versteckt. Die S&D-Fraktionsvorsitzende Iratxe García fordert eine echte Strategie, die der Wirtschaft, den Bürger:innen und der Umwelt nutzt, anstatt die Eckpfeiler des europäischen Projekts zu demontieren. Ihrer Meinung nach fehlt eine kombinierte Strategie für mehr Investitionen und eine Verpflichtung zu einem dauerhaften Investitionsinstrument auf europäischer Ebene, das die Verwirklichung einer anspruchsvollen Agenda in einem schwierigen geopolitischen Kontext auf realistische Weise möglich machen kann.
Iratxe García, Vorsitzende der S&D-Fraktion, sagte:
„Der Wettbewerbskompass behandelt die meisten Probleme nur unvollständig und bietet auch keine realistischen Lösungen für sie an. Wir begrüßen die Verpflichtung, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2040 wie gehabt um 90 Prozent zu reduzieren, es fehlen jedoch Garantien dafür, dass Umwelt- und Sozialstandards wie Arbeitnehmerrechte, Klimaneutralität, Nachhaltigkeit, ein gerechter Übergang und insbesondere die weiteren Ziele des Green Deals nicht zurückgenommen werden. Das Absenken von Standards im EU-Binnenmarkt, das die Lebensqualität der Menschen beeinträchtigen könnte, ist kein Weg, den die EU beschreiten sollte, wenn sie weltweit zum Vorbild werden möchte.
Die vorliegende Mitteilung enthält eine ideologisch gefärbte und sehr selektive Deutung der Berichte von Mario Draghi und Enrico Letta. Sie lässt bewusst zentrale Elemente wie den sozialen Zusammenhalt, die Verringerung von Ungleichheiten und eine gerechte Besteuerung außer Acht, ohne die sich keine Wettbewerbsfähigkeit erreichen lässt.
Der Kommissionspräsidentin sollte klar sein, dass Wettbewerbsfähigkeit kein Selbstzweck sein darf, sondern ein Mittel zur Erhaltung und Verbesserung des Wohlstands für alle sein muss. Die europäische Wirtschaft wird nur dann konkurrenzfähig sein, wenn wir unsere Wirtschaft zukunftsfähig und resilienter machen.
Wir möchten Präsidentin von der Leyen auch daran erinnern, dass der Wettbewerbskompass voll auf die bereits vereinbarten Eckpunkte im europäischen Green Deal abgestimmt und komplett mit der europäischen Säule sozialer Rechte in Einklang stehen sollte.
Was die Unternehmen und Industrien in Europa brauchen, sind Stabilität, Berechenbarkeit und zusätzliche Investitionsinstrumente. Das erneute Aufdröseln von Gesetzen wird zu einem unnötigen gesetzgeberischen Chaos führen und ihren Ziele nicht gerecht werden. Wir können von Unternehmen nicht das Gegenteil von dem verlangen, was wir ihnen vor einigen Monaten aufgetragen haben.
Außerdem können wir nicht mit weniger mehr erreichen. Wir brauchen eine kombinierte Strategie für öffentliche und private Investitionen sowie ein Bekenntnis zu einem dauerhaften Investitionsinstrument auf europäischer Ebene. Des Weiteren brauchen wir einen stärkeren mehrjährigen Finanzrahmen, um neue Prioritäten anzugehen.
Der Übergang zur Klimaneutralität muss gerecht erfolgen: Dazu müssen Gemeinden und Beschäftigte unterstützt und Chancen für die Menschen und die Gesellschaft insgesamt geschaffen werden. Ein gerechter Übergang und das Sozialmodell der EU sind für die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend – sie sollten daher im Mittelpunkt der EU-Politik stehen.
Lassen Sie uns die Doppelmoral beenden. Wenn wir die Trump-Administration dafür rügen, dass sie sich von internationalen Verpflichtungen und Verträgen lossagt, sollten wir uns nun nicht unsererseits auf einen Unterbietungswettlauf einlassen.“