Vor der Debatte im polnischen Parlament über zwei Gesetzesvorlagen, die den Zugang zur Abtreibung weiter einschränken und die Sexualerziehung in Polen verbieten würden, fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die Regierungspartei PiS und den Parteivorsitzenden Jarosław Kaczyński auf, diese radikale Gesetzgebung aufzugeben. Stattdessen sollte die Regierung die Coronavirus-Pandemie bekämpfen und die polnischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen, insbesondere die Frauen, die die Hauptlast der Krise tragen.

Die S&D Fraktionsvorsitzende Iratxe García Pérez sagte dazu:

„Die polnische Regierung nutzt die aktuelle Lockdown-Situation zynisch aus, um diese Gesetzesvorlage durchzudrücken, zumal die Menschen aufgrund der geltenden Beschränkungen nicht auf die Straßen gehen können, wie es bei den vorherigen Massenprotesten gegen diese Maßnahmen der Fall war.

Die polnischen Frauen leben in Angst um ihre Gesundheit und um ihr Leben und um ihre Lieben, und sie fürchten um ihre Jobs wegen der COVID-19-Pandemie. Statt ihnen zu helfen, will die Regierung ihre Grundrechte beschneiden, indem sie eines der ohnehin schon restriktivsten Abtreibungsgesetze in der EU weiter verschärft und Jugendlichen eine umfassende Sexualerziehung vorenthält.

Diese Maßnahmen werden unweigerlich zu einer Zunahme der lebensbedrohlichen Abtreibungen im Verborgenen führen. Es wird Zeit, dass die PiS begreift, dass die sexuellen und reproduktiven Rechte Menschenrechte sind, und dass Frauen frei über ihren eigenen Körper entscheiden können müssen, egal, in welchem EU-Land sie leben. Die Botschaft der Sozialdemokratischen Fraktion an die polnischen Frauen ist klar: Wir stehen solidarisch an ihrer Seite, und wir versprechen, unseren Kampf für ihre Grundrechte fortzuführen.“

Robert Biedroń, Vizevorsitzender des Frauenausschusses und Leiter der Wiosna-Delegation im Europäischen Parlament, fügte hinzu:

„In einem Land mit einem der restriktivsten Abtreibungsgesetze in der EU machen die polnischen Frauen bereits die Hölle durch. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind barbarisch, da sie ein beinahe völliges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen bedeuten. Als Progressive werden wir nicht ruhen, bis Frauen in Polen die gleichen Rechte genießen wie die anderen europäischen Frauen.

Die zweite Gesetzesvorlage, die diese Woche im Sejm diskutiert wird, ist gleichermaßen gesellschaftlich rückschrittlich. Sie will das Angebot einer umfassenden Sexualerziehung für Minderjährige kriminalisieren und unter dem falschen Deckmantel der Verhinderung von Pädophilie rückständige Ansichten über die reproduktive Gesundheit aufzwingen. Sollte dies Gesetz werden, würde es der Europäischen Charta der Grundrechte und den internationalen Normen ebenso zuwiderlaufen wie einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2013, die die Mitgliedsstaaten auffordert, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gefahr zu verringern, dass Kinder Opfer von sexuellem Missbrauch oder sexueller Ausbeutung werden. Das Europäische Parlament hat diese Gesetzesvorlage bereits in einer Resolution im vergangenen Jahr verurteilt. Die EU-Kommission muss jetzt handeln. Außerdem müssen die aktuellen Vorgänge in Bezug auf die Rechte der Frauen und der LGBTI+ in das laufende Artikel-7-Verfahren einbezogen werden.“

Hinweis für die Redaktion:

Derzeit können Frauen in Polen nur in drei Fällen legal eine Abtreibung vornehmen: wenn die Schwangerschaft die Folge einer Vergewaltigung oder von Inzest war, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, oder wenn der Fötus massive Fehlbildungen haben könnte. Das neue Abtreibungsgesetz würde jegliche Abtreibung im dritten Fall verbieten, was praktisch zu einem beinahe gänzlichen Abtreibungsverbot führen würde.

Die Gesetzgebung zur Kriminalisierung des Angebots einer umfassenden Sexualerziehung für Minderjährige würde Lehrpersonen, Gesundheitsdienstleister, Journalisten und sogar Eltern betreffen. Ihnen würde eine Gefängnisstrafe für das Anbieten von Sexualerziehung drohen, unter anderem auch für Informationen über Empfängnisverhütung oder über die Gefahren sexueller Ausbeutung.

Beteiligte Abgeordnete
Vorsitzende
Spanien
Delegationsleiter
Mitglied
Polen
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