Zur Vorbereitung der nächsten EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland am 1. Juli 2020 übernehmen wird, finden heute zwei Videokonferenzen statt. Die Fraktionschefs im Europaparlament tauschen sich um 11:00 Uhr mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Olaf Scholz, Außenminister Heiko Maas und dem Chef des Bundeskanzleramts Helge Braun aus. Um 15:00 Uhr findet eine Videokonferenz mit dem Präsidenten des Deutschen Bundestages Wolfgang Schäuble, dem Präsidenten des Bundesrates Dietmar Woidke und den Fraktionschefs im Bundestag statt.

Im Vorfeld der Videokonferenzen äußerten sich die Sozialdemokraten im Europaparlament zu ihren Erwartungen an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft.

Iratxe García, S&D Fraktionschefin, erklärte:

“Deutschland übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft in stürmischen Zeiten. Wir erwarten von der deutschen Regierung, dass sie den Kampf gegen COVID-19 und die sozioökonomischen Folgen zum Herzstück ihres Programmes macht. Die EU dürstet nach einem Wiederaufbauplan. Unsere am härtesten getroffenen Branchen und Regionen brauchen eine Rettungsleine, unsere Arbeiter ein soziales Sicherheitsnetz und Europa den Mut, eine gemeinsame Zukunft zu bauen. Jetzt haben wir die einzigartige Chance, die Weichen hin zu einer fairen, sozialen und nachhaltigen Zukunft zu stellen, indem wir den Wiederaufbaufonds gemäß unserer politischen Prioritäten gestalten. Mit dem Grünen Deal und der Sozialen Säule hat die EU ihre Zukunftsvision entworfen. Jetzt gilt es, sie Realität werden zu lassen.“

“Wir begrüßen, dass die deutsche Regierung sich für die Rechtstaatlichkeit engagieren will. Unter dem Deckmantel der Pandemiebekämpfung haben Orbán und Kaczynski ihre illiberale Agenda weiter vorangetrieben und demokratische Prinzipien verletzt. Europäische Werte untergraben und gleichzeitig EU-Mittel beziehen, das passt nicht zusammen.“

„COVID-19 hat unsere Gesundheitssysteme vielerorts an ihre Belastungsgrenze gebracht. Das darf nie wieder geschehen. Gesundheit ist ein öffentliches Gut. Wir müssen sicherstellen, dass jede Europäerin und jeder Europäer Zugang zu hochqualitativer Gesundheitsversorgung hat, sowie sichere Lieferketten und Innovation im Medizinbereich gewährleisten. Daher wollen wir mehr über die Ideen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu einer Gesundheitsunion erfahren.“

„Angesichts der Folgen der COVID-19 Pandemie ist eine umfassende Debatte mit EU-Bürgerinnen und Bürgern über die Zukunft Europas umso dringender. Daher wiederholen wir unseren Aufruf an den Rat, so schnell wie möglich einen ehrgeizigen Vorschlag zu einer Konferenz über den Wiederaufbau und die Zukunft Europas vorzulegen.“

„Jüngste von der deutschen Koalitionsregierung gemachte Vorschläge zu einem Wiederaufbaufonds tragen klar die Handschrift unserer progressiven und pro-europäischen Freunde von der SPD und zeugen von einem großen Engagement für eine gute Zukunft Europas. Wir freuen uns auf konstruktive Gespräche in den kommenden Monaten auf dieser Grundlage. Europa muss aus dieser Krise gestärkt und geeint herauskommen.“

Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten erklärte zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft:

Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der Bundesregierung sind entschlossen, die Europäische Union während der deutschen Ratspräsidentschaft voranzubringen: Europa muss fairer, sozialer und nachhaltiger werden.“

„Die Bundesregierung muss sich unter den EU-Mitgliedstaaten für ihren starken Vorschlag eines Wiederaufbaufonds gegen die Coronakrise einsetzen. Entgegen den Vorstellungen vieler Konservativer sollte der Fonds im Sinne des europäischen Green Deal nachhaltige Investitionen in erneuerbare Energien, die Wasserstoffwirtschaft und die Digitalisierung fördern. Dass hilfsbedürftigen Regionen auch Zuschüsse statt allein Kredite für den Wiederaufbau gezahlt werden sollen, ist ein großer Fortschritt und nicht zuletzt den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der deutschen Bundesregierung zu verdanken.“

„Wenn die deutsche Ratspräsidentschaft Europa stärken will, muss sie den EU-Haushalt stärken: Weg von den Mitteln aus nationalen Haushalten zu mehr EU-Eigenmitteln: Plastikabgabe, Kerosinabgabe oder die Ausweitung des Emissionshandelssystems auf Luft- und Seeverkehr; es gibt dafür zahlreiche sinnvolle Vorschläge, auch aus dem Europäischen Parlament. Ein wichtiger europäischer Fortschritt der deutschen Ratspräsidentschaft wäre, wenn im neuen langfristigen EU-Haushalt Regierungen, die gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen, Regionalfördermittel gestrichen werden könnten. Es darf künftig keine Fördermittel mehr für Grundrechtsbrüche geben!“

“Die tatsächlichen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger Europas, die unsere Gesellschaft mit ihrer Arbeit zusammenhalten, brauchen besonders jetzt grenzüberschreitend unseren Schutz. Unsere sozialdemokratische Forderung nach einer europäischen Arbeitslosenrückversicherung darf nicht weiter aufgeschoben werden. Es geht um einen Fonds, der im Krisenfall dem Arbeitslosensystem des betroffenen EU-Mitgliedstaats zur Seite steht. Auch für die Beschäftigten muss die Ratspräsidentschaft Druck für den zugesagten EU-Rechtsrahmen eines Mindestlohnsystems im Rat entfalten. Zukunft geht nur gemeinsam.”

Beteiligte Abgeordnete
Vorsitzende
Spanien
Mitglied
Deutschland
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