Mit starker Unterstützung der Sozialdemokratische Fraktion forderte das Europäische Parlament heute Rechtsvorschriften auf EU-Ebene zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Cyber-Gewalt in der anstehenden Richtlinie, die sich mit der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen befasst.

Mit dem Aufkommen neuer Technologien und der sozialen Medien erleben immer mehr Frauen und Mädchen Belästigungen, Stalking, Cyber-Mobbing, Flaming, Hassreden und andere text- und nachrichtenbasierte Formen geschlechtsspezifischer Cyber-Gewalt. Schätzungen zufolge ist eine von zehn Frauen in der EU ab dem 15. Lebensjahr Opfer von sexueller Belästigung durch digitale Werkzeuge.

Dennoch fehlen der EU harmonisierte Maßnahmen, um dieses zunehmende Phänomen zu bekämpfen. Obwohl es sich um ein grenzüberschreitendes Problem handelt, gibt es derzeit weder eine gemeinsame Definition noch einen wirksamen politischen Ansatz zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Cyber-Gewalt auf EU-Ebene. Eine starke EU-Richtlinie ist notwendig, um alle Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich Cyber-Gewalt, zu bekämpfen. Dazu müssen wir eine gemeinsame strafrechtliche Definition von geschlechtsspezifischer Cyber-Gewalt vornehmen, die Sanktionen gegen Täter vereinheitlichen und sicherstellen, dass die Opfer in allen Mitgliedsstaaten wirksamen Zugang zum Recht und zu spezialisierten Unterstützungsdiensten haben.

Maria Noichl, sozialdemokratische Fraktionssprecherin für Frauenrechte, sagte dazu:

„Jeder kann Cyber-Gewalt erfahren; Frauen und Mädchen sind jedoch überproportional betroffen und werden auf eine spezielle Art und Weise anvisiert. Im öffentlichen Leben aktive Frauen wie Politikerinnen, Journalistinnen, Bloggerinnen oder Menschenrechtsverteidigerinnen sind besonders gefährdet, weil manche Männer es immer noch nicht ertragen können, dass Frauen ihre Meinung sagen, ihre Rechte einfordern oder einfach nur gehört werden. Aber was passiert, wenn online nicht online bleibt? Cyber-Belästigung, Stalking oder Drohungen arten allzu oft in körperliche Handlungen aus, wie die Ermordung der britischen Abgeordneten Jo Cox im Jahr 2016.

Frauen ziehen sich oft aus der Öffentlichkeit zurück; aus Angst um sich selbst oder aus Angst um ihre Lieben. Das Ziel von Cyber-Gewalt gegen Frauen ist es, Frauen zum Schweigen zu bringen. Das beginnt bereits in jungen Jahren, wobei mindestens 12,5% der schulischen Mobbingfälle online stattfinden. Das betrifft sowohl Jungen als auch Mädchen, aber junge Frauen und Mädchen sind unter den Opfern deutlich in der Mehrzahl, was schwerwiegende Folgen für die psychische Gesundheit hat.

Das muss aufhören. Die Kommission muss endlich eine umfassende Richtlinie zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt vorlegen, ein für alle Mal!“

Marina Kaljurand, Verhandlungsführerin der S&D Fraktion für dieses Dossier im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, fügte hinzu:

„Das Internet sollte ein sicherer Raum für alle sein, unabhängig von ihrem Geschlecht, doch die Statistiken erzählen uns eine ganz andere Geschichte. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass weltweit fast 40% der Frauen Belästigungen im Internet ausgesetzt waren, während 85% Gewalt gegen Frauen im Internet erlebt haben. Unsere Gesetze sind eindeutig ungeeignet, um auf diese Probleme zu reagieren. Daher fordern wir neue EU-weite Maßnahmen, um gegen geschlechtsspezifische Gewalt – online und offline – vorzugehen. Wir brauchen neue Gesetze, die den Kapazitätsaufbau verbessern, Aus- und Weiterbildung für alle relevanten Fachkräfte, Hotlines und zugängliche Meldemechanismen sowie wirksame Rechtsbehelfe für Opfer geschlechtsspezifischer Cyber-Gewalt.

Weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Belästigung und des Missbrauchs von Frauen und Mädchen im Internet sollten die Förderung digitaler Kenntnisse – beispielsweise Cyberhygiene und Netikette, um die respektvolle Nutzung von Technologie zu gewährleisten – ebenso umfassen wie Regulierungen zur Verhinderung des Einsatzes von Spähsoftware und anderen Überwachungsanwendungen, um die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“

Hinweis für die Redaktion:

Die Economist Intelligence Unit (EIU) veröffentlichte im März 2021 eine Studie (durchgeführt im Jahr 2020), um die weltweite Prävalenz von Online-Gewalt gegen Frauen zu messen. Fast 40% der befragten Frauen haben persönliche Erfahrungen mit Belästigung im Internet gemacht, und eine große Mehrheit (85%) hat Online-Gewalt erlebt. Link zur Studie: https://onlineviolencewomen.eiu.com/

Beteiligte Abgeordnete
Koordinatorin
Deutschland
Delegationsleiterin
Mitglied
Estland
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