Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament hat die Annahme eines neuen Gesetzes im polnischen Parlament verurteilt, das Frauen, die eine Abtreibung hatten, und die Ärzte und Krankenschwestern, die den Schwangerschaftsabbruch durchgeführt haben, kriminalisieren würde, und zwar selbst im Fall von Inzest oder Vergewaltigung. 

Marie Arena, S&D Fraktionssprecherin für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, sagte dazu:

„Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat schon Polens geltendes Abtreibungsgesetz kritisiert, weil es inakzeptable Hindernisse für den Zugang von Frauen und Mädchen zu sicheren und legalen Abtreibungen aufstellt. In allen Ländern, wo die Abtreibung kriminalisiert wird, spielen Frauen und Mädchen mit ihrer Gesundheit, ihrem Wohlergehen und sogar mit ihrem Leben.

Dieser neue Vorschlag geht über die einfache Beschränkung des Zugangs zu den reproduktiven Rechten der Frauen hinaus und würde sogar ein zwölfjähriges Mädchen, das Opfer von Vergewaltigung oder Inzucht geworden ist, zwingen, das Kind zu behalten. Das ist entsetzlich. Es ist ein Verstoß gegen die Grundrechte einer Frau, dass sie selbst in so extremen Fällen nicht das Recht hätte, selber zu entscheiden, ob sie die Schwangerschaft abbrechen möchte. Das wird unnötiges Leid und mentale Qualen für Tausende Frauen verursachen, die ohnehin schon schreckliche Qualen erlitten haben. Wir fordern die polnische Regierung auf, dieses Gesetz abzulehnen, und wir werden an der Seite all jener Menschen in Polen stehen, die sich diesem Angriff auf die Rechte der Frauen widersetzen.

Dieses Gesetz verstößt nicht nur gegen die Grundrechte, sondern hat auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit der Frauen. Zwar gibt es eine Ausnahme in Fällen, wo das Leben der Mutter in Gefahr ist, doch die Tatsache, dass das Gesetz die Ärzte in allen anderen Fällen kriminalisiert, bedeutet, dass auch diese Ausnahme im Grunde genommen wertlos ist. Die Ärzte werden über die Durchführung einer Abtreibung in dem Wissen entscheiden müssen, dass sie mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen müssen, falls eine medizinische Kommission mit ihrer subjektiven Einschätzung nicht einverstanden ist. Das ist absurd. Verständlicherweise werden die Ärzte auf Nummer sicher gehen, was zu unnötigem Leid und sogar zu Todesfällen führen wird.

Außerdem verurteilen wir die jüngsten Haushaltskürzungen, die die Frauenrechtsorganisationen und Pflegedienstleister betreffen. In den meisten Fällen bietet der Nationale Gesundheitsfonds keine Kostenerstattung für den Zugang zu Empfängnisverhütungsmitteln, deren Nutzung zu den niedrigsten in Europa zählt. Die Einführung der Sexualerziehung in der Schule ist aufgeschoben oder vernachlässigt worden, und fast ein Drittel der Schülerinnen und Schüler haben keinen Zugang zu Sexualerziehung. Das ist inakzeptabel. Wir unterstützen die Arbeit des Polnischen Verbands für Frauen und Familienplanung. Wir unterstützen die Tausenden Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Wochen demonstriert haben. Die internationale Gemeinschaft darf zu dieser Situation nicht schweigen. Wir müssen diesen Vorschlag auf das Schärfste verurteilen und die polnischen Frauen wissen lassen, dass sie in ihrem Kampf für die Anerkennung dieses Grundrechts nicht allein sind.“

Redaktionshinweis

Eine Delegation der Sozialdemokratischen Fraktion wird nächste Woche (30. September - 1. Oktober) nach Polen reisen, um sich mit Nichtregierungsorganisationen im Bereich der Frauenrechte, Mitarbeitern von Familienplanungskliniken und Experten im Bereich der Grundrechte zu treffen.

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Belgien