Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament distanziert sich vom Entwurf der ‚Gemeinsamen Erklärung über die legislativen Prioritäten der EU für 2018/19‘, die nächste Woche unterzeichnet werden soll. In den vergangenen Wochen verhandelten die Präsidenten des Europäischen Parlaments, der EU-Kommission und des EU-Rats über das Dokument, dem es aber bei einer Reihe von gesetzgeberischen Initiativen, die für die S&D Fraktion von entscheidender Bedeutung sind, an Engagement mangelt. Das gilt insbesondere für die Bereiche Besteuerung, soziales Europa, Reform der Eurozone und EU-Haushalt nach 2020. Daher konnten die Sozialdemokraten diesen Text beim letzten Treffen der Vorsitzenden der politischen Fraktionen des Europaparlaments nicht akzeptieren.

 

Die Vizevorsitzende der S&D Fraktion, Maria João Rodrigues, sagte dazu:

 

„Die Gemeinsame Erklärung ist ein enttäuschender Beweis dafür, dass wenn alle wichtigen EU-Institutionen von Mitte-Rechts-Kräften geführt werden, das Bedürfnis nach Fortschritt und Veränderung verlorengeht. Die Sozialdemokraten kämpfen seit langem für konkrete Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung, für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, für ein solides EU-Budget und für eine besser funktionierende Eurozone. Die Gemeinsame Erklärung behandelt diese Themen aber als zweitrangig, ohne die konkreten Maßnahmen aufzulisten, die in den folgenden Bereichen notwendig sind:

 

  • Besteuerung: Die gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage und zahlreiche andere Besteuerungsvorschläge, die derzeit in Verhandlung stehen, finden sich nirgends in der Gemeinsamen Erklärung.
  • Soziales Europa: Das Paket für soziale Gerechtigkeit, das die Kommission als konkrete Folgemaßnahme für die unlängst verkündete Europäische Säule der sozialen Rechte versprochen hat, wurde aus dem Text gestrichen.
  • EU-Budget: Die Notwendigkeit von echten Eigenmitteln im EU-Haushalt nach 2020, damit die EU nicht mehr auf die Bargeldeinzahlungen der Mitgliedsstaaten angewiesen ist, findet im Dokument keine Erwähnung.
  • Eurozone: Gerade zu dem Zeitpunkt, da die Kommission eine Reihe von Vorschlägen zur Reform der Eurozone gemacht hat, enthät die Gemeinsame Erklärung lediglich einen schwammigen Hinweis dazu.

 

Die Sozialdemokratische Fraktion war schon im Anfangsstadium der Verhandlungen über die Gemeinsame Erklärung aktiv. Das zeigt sich in mehreren begrüßenswerten Verpflichtungen, beispielsweise zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens oder zur Stärkung der handelspolitischen Schutzinstrumente der EU. Die endgültige Version, die von den Präsidenten Tajani und Juncker und der estnischen Ratspräsidentschaft ausgehandelt wurde, ist jedoch viel zu anspruchslos.

 

Wir Sozialdemokraten wollen einen besseren Fahrplan für die Europäische Union. Im Juli haben wir eine ausführliche Vision für ein Europa auf den Tisch gelegt, das für die Prioritäten, die den Menschen wichtig sind, zusammenarbeitet. Einige davon fanden sich in Kommissionspräsident Junckers Rede zur Lage der Union und im Arbeitsprogramm der Kommission wieder. Doch wenn es darum geht, dass die EU ihren Worten Taten folgen lässt, dämpft diese interinstitutionelle Gemeinsame Erklärung ihren Ehrgeiz.

 

Die S&D Fraktion kämpft schon lange für konkrete Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung, für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, für ein solides EU-Budget mit Eigenmitteln und für eine besser funktionierende Eurozone. Ohne echte Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und für soziale Gerechtigkeit kann die Europäische Union ihre Bürgerinnen und Bürger im Europawahljahr 2019 kaum davon überzeugen, dass sie genug für sie tut.“

S&D-Pressekontakt(e)