Der Europäische Rat sollte die Aufforderung des Europaparlaments zu Sanktionen gegen Ungarn nicht untergraben und ernste Maßnahmen zum Schutz der Bürgerrechte ergreifen

Bei einem vom österreichischen Vorsitz des Europäischen Rats einberufenen informellen Treffen legte heute der sozialdemokratische Vorsitzende des Ausschusses des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Claude Moraes, die Gründe für die Einleitung des Artikels 7 des EU-Vertrags gegen die ungarische Regierung dar, welche den Mitgliedsstaaten übermittelt wurden.

Wenngleich es ein positives Treffen war, so ist die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament doch tief besorgt darüber, dass die österreichische Präsidentschaft keinerlei sinnvolle Maßnahmen gegen die ungarische Regierung wegen deren unentwegten und anhaltenden Angriffen auf die grundlegenden Prinzipien der EU-Mitgliedschaft ergreift.

Der S&D Fraktionsvorsitzende Udo Bullmann sagte dazu:

„Im September hat das Europäische Parlament in einem historischen Schritt dafür gestimmt, ein Verfahren nach Artikel 7 gegen einen Mitgliedsstaat einzuleiten. Dieser Beschluss wurde von einer überwältigenden Mehrheit des Parlaments quer durch das gesamte politische Spektrum unterstützt. Die Botschaft war eindeutig: Viktor Orbáns Regierung darf die grundlegenden Prinzipien der EU-Mitgliedschaft nicht länger missachten, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Ganz Europa scheint diese Botschaft gehört zu haben, nicht jedoch die österreichische Regierung. Es sieht aus, als ob Sebastian Kurz viel daran setzt, konkrete Maßnahmen gegen die ungarische Regierung zu verhindern.

Die österreichische Regierung, die den rotierenden Vorsitz des Europäischen Rats innehat, versuchte zunächst, Debatten über das Thema auf informelle Treffen zu beschränken. Als es schließlich auf die Agenda der nationalen Minister gesetzt wurde, weigerte sie sich, die betreffenden Europaabgeordneten teilnehmen zu lassen. Stattdessen zog sie es vor, das Thema hinter verschlossenen Türen zu diskutieren. Das ist inakzeptabel und bestätigt unsere Bedenken über die Zugehörigkeit der Europäischen Volkspartei.“

Claude Moraes, sozialdemokratischer Vorsitzender des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, fügte hinzu:

„Die Entscheidung zur Einleitung eines Artikel-7-Verfahrens gegen die ungarische Regierung ist uns nicht leicht gefallen. Sie beruhte auf einer erdrückenden Beweislage aus den letzten sieben Jahren, in denen Viktor Orbáns Regierung die grundlegenden Prinzipien der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn ausgehöhlt hat: Angriffe auf unabhängige Medien, Universiäten, die das Land verlassen mussten, und Versuche, Einwanderer und Minderheiten zu verteufeln.

Die EU muss in der Lage sein, zu handeln, wenn ihre Gründungsprinzipien in einem Mitgliedsstaat bedroht sind. Das Europäische Parlament hat gezeigt, dass es handeln will und kann, doch sinnvolle Folgemaßnahmen werden durch Orbáns Verbündete im Europäischen Rat blockiert. Wir fordern Sebastian Kurz auf, umzusteuern und einen offenen und transparenten Austausch mit den betreffenden Europaabgeordneten zu gewährleisten, wann immer dieses Thema im Rat erörtert wird. Langfristig müssen wir die Politisierung von Fragen der Rechtsstaatlichkeit vermeiden, indem wir einen wirklich unabhängigen Mechanismus zur Überwachung der Lage in jedem Mitgliedsstaat schaffen.“

 

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Deutschland