Nach den Veranstaltungen an diesem Wochenende anlässlich des Falls der Berliner Mauer vor 25 Jahren wird Gianni Pittella, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, bei der Plenartagung des Parlaments diese Woche in Brüssel eine Rede zu diesem Thema halten und einen gemeinsamen Ansatz fordern, um die neuen Mauern in Europa niederzureißen:

„Die Berliner Mauer ist gefallen, und der kalte Krieg ist vorbei. Vielleicht. Deshalb vielleicht, weil jetzt neue Mauern errichtet worden sind. Es scheint, als wäre die Berliner Mauer nur ein bisschen weiter nach Osten gewandert, mit neuen Hindernissen zwischen Europa und Russland.

Überall sind neue kalte Kriege ausgebrochen. Die Blicke der Nato sind auf Russland als große Gefahr für unsere Sicherheit trainiert, während russische Tanker und Truppen immer noch entlang der Grenzen zwischen der Ukraine und Russland stationiert sind.

Es herrscht Kriegsstimmung. Das haben wir in der Ukraine gesehen. Die gleiche Stimmung herrschte auch vor dem Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren.

Wir fühlen uns unsicher – genau wie sich unsere Eltern im Schatten der Berliner Mauer unsicher gefühlt haben.

Doch zum Glück ist nicht alles gleich wie vor 25 Jahren. Seitdem haben wir es geschafft, das Bewusstsein der Europäerinnen und Europäer dafür zu schärfen, dass wir im internationalen Kontext eine einheitliche europäische Stimme brauchen – und nicht nur zu unserer eigenen Verteidigung. Europa stellt einen positiven Einfluss über unsere Grenzen hinaus dar, auf demokratische Rechte und Menschenrechte ebenso wie in wirtschaftlichen Fragen. In der Türkei, in Ägypten, in der Ukraine, in Palästina, Bosnien und Serbien wird Europa oft als Vorbild und als zukünftiger Partner angesehen.

Deshalb sind wir der Ansicht, dass jetzt, da Federica Mogherini ihr Amt als Hohe Vertreterin der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik angetreten hat, es an der Zeit ist, die Stimmungslage umzukehren und eine echte europäische Außenpolitik zu etablieren.

Wir müssen jetzt, 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, unsere Beziehung mit Russland überdenken. Europa hat es nicht geschafft, Russland zu ‚europäisieren‘, wie viele nach der Perestrojka gehofft hatten.

Europa muss den Dialog mit Russland wieder aufnehmen und mit einer einheitlichen Stimme sprechen, ohne Moskau zu isolieren. Im Gegenteil, die EU muss versuchen, eine neue gemeinsame Grundlage mit Moskau zu finden, um die neuen Bedrohungen anzugehen, mit denen wir alle gemeinsam konfrontiert sind. Das ist jetzt unsere neue Mauer, die wir niederreißen müssen.“