Das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Ministerrat haben heute Verhandlungen über die Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente der EU aufgenommen. Diese Aktualisierung der seit 1995 größtenteils unveränderten EU-Vorschriften wird es den europäischen Unternehmen ermöglichen, gegen unlauteren Wettbewerb durch gedumpte und subventionierte Einfuhren aus Drittländern vorzugehen.

Die Sozialdemokratische Fraktion bedauert, dass die Mitgliedsstaaten wertvolle Zeit vergeudet und jetzt auch noch die Gelegenheit verpasst haben, auf starke Rechtsvorschriften zu drängen, um EU-Unternehmen und europäische Arbeitsplätze gegen unlauteren Wettbewerb zu verteidigen. Der mangelhafte Ehrgeiz in den Vorschlägen der Mitgliedsstaaten bedeutet, dass es zu einem harten Verhandlungsprozess mit dem Europäischen Parlament kommen wird.

Die Handelssprecherin der S&D Fraktion Alessia Mosca sagte dazu:

„Seit fast drei Jahren, nämlich seit sich das Europäische Parlament auf einen ehrgeizigen Standpunkt in erster Lesung geeinigt hat, warten wir auf den Beginn der Verhandlungen. Wir nehmen mit großem Bedauern zur Kenntnis, dass die Mitgliedsstaaten unseren Ehrgeiz nicht teilen, und dass unsere Ausgangspositionen weit auseinander liegen. Die Sozialdemokraten werden auf dem im Europäischen Parlament erreichten Konsens aufbauen, um die europäischen Arbeitnehmer und Industrien besser zu schützen.

Die handelspolitischen Schutzinstrumente der EU können nur modernisiert werden, wenn durch eine Reihe wirksamer Mechanismen wirklich weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen gewahrt werden.

Wir werden im Geiste einer konstruktiven Partnerschaft in den Trilog gehen in der Hoffnung, dass der Ministerrat diese Haltung teilt. Wir werden unser Bestes tun, um den Vorschlag so zu ändern, dass er die Erwartungen sowohl der Arbeitnehmer als auch der Industrien erfüllt.“

Bernd Lange, sozialdemokratischer Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel, sagte:

„Unser Ziel ist klar: Wir wollen wirksame Instrumente bereitstellen, um unsere Wirtschaftszweige vor unfairen Handelspraktiken zu schützen, und wir sind bereit, konstruktive Gespräche mit dem Rat aufzunehmen. Dazu gehören aber immer zwei, und jetzt liegt es an den Mitgliedsstaaten, zu beweisen, dass sie wirklich verhandeln und Flexibilität zeigen können.“

Folgende Punkte zählen zu den Kernforderungen der Sozialdemokraten im Trilog:

  • Unterstützung für KMU. Die Komplexität und die Kosten der Einleitung von Antisubventions- und Antidumpinguntersuchungen – die Kosten im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren können leicht 200.000 Euro übersteigen – machen sie für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) unerreichbar. Deshalb wollen wir eine Anlaufstelle (Helpdesk) für KMU bereitstellen, die ihnen dabei helfen soll, die ersten Belege für eine wirtschaftliche Schädigung zusammenzustellen, und die sie beim Aufbau von Kapazitäten und bei der rechtlichen Beratung unterstützen würde.

  • Nichtanwendung der Regel des niedrigeren Zolls, wenn Sozial- und Umweltstandards nicht eingehalten werden. Nach der Regel des niedrigeren Zolls verhängen die Behörden niedrigere Ausgleichszölle als die Dumpingspanne, sofern eine solche niedrigere Höhe ausreicht, um die dumpingbedingte Schädigung des Wirtschaftszweigs zu beseitigen. Die S&D Fraktion will, dass diese Regel in Antisubventions- und Antidumpingfällen nicht angewendet wird, wenn festgestellt wird, dass das exportierende Land Praktiken anwendet, die den normalen Handelsverkehr erheblich verfälschen, beispielsweise wenn das Exportland keine ausreichend hohen Sozial- oder Umweltstandards auf der Grundlage internationaler Übereinkommen hat, oder wenn es sich bei den Beschwerdeführern um KMU handelt.

  • Streichung der Voroffenlegungsklausel und der Versandklausel. Die Kommission schlägt vor, dass EU-Importeure und exportierende Drittländer zwei Wochen vor der Einführung von Antidumpingzöllen gewarnt werden sollen und dass während dieser Periode keine Maßnahmen verhängt werden. Der Ministerrat beabsichtigt, diesen Zeitraum auf vier Wochen auszudehnen. Benachbarte Länder und selbst Unternehmer aus dem Fernen Osten könnten diese Phase ausnutzen, um ihre ganzen Warenbestände in europäische Häfen zu versenden, bevor Antidumpingzölle verhängt werden können. Daher fordert die S&D Fraktion null Ankündigung vor Untersuchungen.

  • Ablehnung des Vorschlags, Zölle rückzuerstatten, die während Überprüfungen wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen erhoben wurden. Sowohl die Kommission als auch der Rat schlagen vor, Zölle, die während Überprüfungen wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen erhoben wurden, rückzuerstatten, wenn die Überprüfung nicht zu einer Verlängerung der Maßnahmen führt. Das wäre ein zusätzlicher Nachteil für EU-Produzenten gegenüber ausländischen Unternehmen.


Redaktionshinweis:
Das aktuelle EU-Gesetz über die handelspolitischen Schutzinstrumente stammt aus dem Jahr 1955. Der Handel der Europäischen Union mit Drittländern hat sich seither jedoch erheblich verändert. Die EU-Kommission hat im April 2013 einen Vorschlag zur Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente der EU vorgelegt. Das Europäische Parlament hat im Februar 2014 seinen Standpunkt in erster Lesung beschlossen. Nach über zweieinhalb Jahren hat der Ministerrat seinen Stillstand bei diesem Dossier endlich überwunden, als im Oktober 2016 der Europäische Rat dringend eine ausgewogene Einigung über die umfassende Modernisierung aller handelspolitischen Schutzinstrumente bis Ende 2016 anmahnte. Das Europäische Parlament hat das Vorhaben der maltesischen Ratspräsidentschaft unterstützt, das interinstitutionelle Verfahren einzuleiten und den informellen Trilog über die Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente aufzunehmen, um auf dem politischen Konsens über den im Rat erreichten Kompromiss aufzubauen.

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Deutschland